Der Verlust des Ehepartners oder der Ehepartnerin führt in der Schweiz nicht zwingend zu einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Grund dafür sind insbesondere die Renten der Hinterlassenenversicherung und die immer höhere Erwerbsquote der Frauen. Zu diesem Schluss kommt ein entsprechender Bericht des Bundesrats zur wirtschaftlichen Situation von Witwen und Witwern in der Schweiz. Er liefert dem Bundesrat Grundlagen für die 12. AHV-Revision. Der Bericht – in Erfüllung eines Kommissionspostulats – bezieht die Ergebnisse einer Studie mit ein, die von der Universität Genf durchgeführt wurde. Untersucht wurden die Steuerdaten aus neun Kantonen, verknüpft mit Daten aus den AHV-Registern. Die Untersuchung der wirtschaftlichen Situation von Personen vor und nach der Verwitwung zeigt, dass die Deckung des Erwerbsausfalls infolge Todesfall gut versichert ist. Scheidungen oder Trennungen haben vergleichsweise gravierendere finanzielle Folgen. Bezügerinnen und Bezüger von Hinterlassenenrenten sind im Allgemeinen finanziell gut gestellt, wie die Analyse des Gesamteinkommens ergab. Ihr Einkommen liegt über dem Medianeinkommen der nicht verwitweten Personen in einer vergleichbaren Situation (Zivilstand, Altersgruppe, mit oder ohne Kinder). Mit rund 80’000 Franken verfügt eine Frau mit Witwenrente und mit Kind über nahezu 20’000 Franken mehr als eine alleinerziehende Frau. Auch das Medianeinkommen eines Witwenrentners in der gleichen Situation liegt mit rund 100’000 Franken 30’000 Franken über dem Einkommen eines alleinerziehenden Mannes ohne Rente. Witwen beziehen zudem häufiger eine Hinterlassenenrente aus der 1. Säule als Witwer, da für sie grosszügigere Zugangsbedingungen gelten. Witwer haben nur bis zum 18. Geburtstag ihres jüngsten Kindes Anspruch auf eine Hinterlassenenrente, Witwen hingegen grundsätzlich bis zum Bezug der AHV-Altersrente. Nur gerade 13 Prozent der Witwer beziehen eine Hinterlassenenrente aus der 1. Säule, gegenüber 88 Prozent der Witwen. Rund 66 Prozent der Witwen, die eine Rente aus der 1. Säule beziehen, sind erwerbstätig gegenüber 90 Prozent der Witwer. Dieser Anteil ist tiefer als bei den nicht verwitweten, alleinlebenden Frauen, aber höher als bei verheirateten Frauen. Kinder im Haushalt veranlassen Witwen und Witwer häufig dazu, mehr zu arbeiten.
Aus Sicht des Bundesrates verlangen die Zunahme der erwerbstätigen Frauen und die geänderte Rollenverteilung in Familie und Erwerbsleben heute einen gezielteren Schutz des Todesfallrisikos. Den geänderten Rahmenbedingungen und der demographischen Entwicklung seit der Einführung der Witwen- und Waisenrente 1948 und der Witwerrente 1997 soll in Zukunft besser Rechnung getragen werden.