Der Bundesrat empfiehlt die Volksinitiative „Ab-treibungsfinanzierung ist Pri-vatsache – Entlastung der Krankenversicherung durch Streichung der Kosten des Schwangerschaftsabbruchs aus der obligatorischen Grundversicherung„ ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung. Nach seiner Ansicht sollen auch weiterhin moralische, religiöse oder sozialethische und nicht finanzielle Kriterien im Vordergrund stehen, bevor sich eine Frau für oder gegen einen Schwangerschaftsabbruch entscheidet.
Die von einem überparteilichen Komitee lancierte Initiative will unter Vorbehalt weniger Ausnahmen, dass die obligatorische Krankenpflegeversicherung die Kosten eines Schwangerschafts-abbruchs nicht mehr übernimmt. Der Bundesrat dagegen will die bestehende Regelung nicht ändern, die in der Volksabstimmung vom 2. Juni 2002 mit einem Ja-Stimmenanteil von über 72 Prozent angenommen wurde. Nach Auffassung des Bundesrates ist es richtig, dass die geltende gesetzliche Regelung nicht nur die Voraussetzungen für einen straflosen Schwangerschaftsabbruch unter sicheren Bedingungen festschreibt, sondern auch die Finanzierung umfasst. Ein Eingriff darf erst nach einem obligatorischen Beratungsgespräch und auf schriftliches Verlangen der Frau hin vorgenommen werden. Ansonsten werden die Kosten von der Grund-versicherung nicht übernommen. Eine An-nahme der Initiative würde dazu führen, dass die Versicherer bei den zugelassenen Ausnahmen von Fall zu Fall entscheiden müssten, ob sie die Kosten für den Eingriff übernehmen oder nicht, weil der Initiativtext diesbezüglich unpräzis ist.
Der Bundesrat befürchtet, dass nicht zuletzt diese Unsicherheit wieder zu gesetzeswidrigen Schwangerschaftsabbrüchen mit schädlichen Folgen für die Gesundheit der Frauen führen könnte. Die Kosten dafür müsste dann wiederum die Krankenversicherung tragen. Aus diesen Gründen ist der Bundesrat der Meinung, dass die ungefähr acht Millionen Franken, die bei einer Streichung der Kostenübernahme für den Schwangerschaftsabbruch in der Grundversicherung eingespart werden könnten, sich angesichts der rechtlichen, sozialen und gesundheitlichen Folgen für die Frauen nicht rechtfertigen lassen. Die Volksinitiative steht auch im Widerspruch zu den Empfehlungen des Europäischen Parlaments, wonach Frauen die Möglichkeit haben sollen, unter sicheren Bedingungen einen Schwangerschaftsabbruch vornehmen zu lassen. Die Zahl der Schwangerschaftsabbrüche in der Schweiz ist im Vergleich mit anderen europäischen Staaten tief. Der Prozentsatz ist seit 2004 stabil und insbesondere bei Frauen zwischen 15 und 19 Jahren eher rückläufig.