Letztens war ich krank uns musste zum Arzt. Weil mein Hausarzt in den Ferien war, musste ich zu seiner Vertretung. Begrüsst und zum Anfang wegen meines Befindens befragt, wurde ich in einem sehr schlechten und gebrochenem Hochdeutsch. Ich antwortete Ihm in akzentfreiem Zugerdialekt, welchen ich seit meinem fünften beigebracht bekam. Darüber schien er doch etwas erstaunt. Während unseres kurzen Gesprächs wechselte er langsam Schritt für Schritt ins Schweizerdeutsche zurück.
In solchen Situationen war ich schon oft. Personen, die im Voraus nur meinen Namen kennen, nehmen oft automatisch an, ich könnte kein oder ein sehr schlechtes Deutsch. Einerseits finde ich es oft zum Schmunzeln, anderseits ärgert es mich auch. Ich studiere Linguistik und befasse mich gerne mit sprachlichem Verhalten. Deswegen habe ich auch über dieses Verhalten nachgedacht. An was könnte es liegen? Reine Vorurteile? Klar, es gibt viele Ausländer in der Schweiz, die auch nach Jahrzehnten in der Schweiz, kaum die Sprache beherrschen. Ich kenne jedoch genau so viele Ausländer, die perfekt Deutsch sprechen. Ich habe lange darüber nachgedacht und kam zu keinem eindeutigen Ergebnis.
Dann habe ich mich selber dabei ertappt, wie ich bei der Arbeit mit einer Arbeitskollegin, die die deutsche Sprache nur begrenzt beherrsch, auch im gleichen gebrochenem Deutsch spreche. Liegt es daran, dass man sich aus Höflichkeit, dem Gesprächspartner anpassen will oder um sich schlicht einfacher zu verständigen? Aber wäre es nicht hilfreicher für die lernende Person, wenn man normales Deutsch mit ihr spricht?
Ich habe einige Personen dazu befragt:
Sofia, 22, Bern (ursprünglich aus Bosnien); „ Mir passiert das sehr oft, dass Personen wegen meines Namens annehmen, dass ich wohl eher nur Hochdeutsch verstehe. Wenn ich dann mit Bernerdialekt anfange zu sprechen, sind viele sehr erstaunt. Ärgern tut mich dies nicht unbedingt. Ich finde es eher lustig.“
Anna, 25, aus Aargau; „ Ich spreche mit jeder Person von vorn herein auf Schweizerdeutsch. Ausser ich merke während des Gesprächs, dass mich die Person nicht versteht. Dann wechsle ich ins Hochdeutsch. Ich finde, so kann man die Sprache viel besser lernen, wenn jeder gleich in der normalen Sprache mit einem spricht. So ist es auch bei mir, wenn ich eine Fremdsprache lernen will.“
Hans, 42, aus Zürich; „ Wenn eine Person in gebrochenem Deutsch mit mir spricht, passe ich mich ehrlich gesagt auch an und fange ähnlich zu sprechen an. Ich arbeite auf der Baustelle und viele meiner Arbeitskollegen reden in dieser Art. Wenn ich mit Ihnen Dialekt rede, verstehen sie mich kaum, weil sie viele der Wörter nicht benutzen oder noch nie gehört haben. Mit der Zeit fängt man an sich anzupassen, weil es bei der Arbeit schnell gehen muss und ich so am besten verstanden werde. Aus Gewohnheit kann es durchaus sein, dass ich wegen des Namens auch schon automatisch mit jemandem so anfange zu reden.“
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