Zum ersten Mal sitzt mit Richard Wolff ein Vertreter der Alternativen Liste im Zürcher Stadtrat – dafür ist die FDP jetzt nur noch mit einem Stadtrat vertreten. Die linken Parteien haben nun sieben Vertreterinnen und Vertreter im Stadtrat, die Bürgerlichen nur noch zwei
Das Resultat ist knapp, aber eindeutig: Der Vertreter der kleinen Linksaussenpartei AL hat es geschafft, der FDP in Zürich einen Exekutivsitz abzuringen. Der Stadtrat rückt noch mehr nach links, die Bürgerlichen halten von neun Sitzen noch zwei. Das ist ein Überraschungserfolg für eine Vier-Prozent-Partei, die es verstand, weit über die eigene Wählerschaft hinaus zu mobilisieren. In erster Linie aber ist es eine Schlappe für den Freisinn. Der FDP-Kandidat hatte die Unterstützung aller bürgerlichen Parteien. Die SP hielt sich zurück. So gute Voraussetzungen hatte schon lange kein bürgerlicher Stadtratskandidat mehr. Dass es der FDP nicht gelang, den Sitz zu verteidigen, zeigt klar, dass weder der Kandidat noch die Wahltaktik verfangen haben. Ob Richard Wolff den Schritt vom oppositionellen Linksaussen zum Exekutivpolitiker schafft, muss sich weisen. Viel Zeit hat er nicht, die nächsten Wahlen kommen bald. Fest steht, dass die neue Zusammensetzung der Exekutive die politische Arbeit weiter erschwert. Mit den Mitteparteien stellen die Bürgerlichen im Gemeinderat eine Mehrheit. Wenn sie im Stadtrat nur noch marginal vertreten sind, werden sie über eine verschärfte Oppositionspolitik Einfluss nehmen. Es ist absehbar, dass der Stadtrat im Parlament auf mehr Widerstand stösst und noch mehr Vorlagen an die Urne gezogen werden. Für dieses Resultat gab es für fast alle Medien nur ein passendes Wort: «Sensation». «Die Sensation ist Tatsache», heisst es auf «srf.ch». «Die AL schafft mit Richard Wolff die Sensation», schreibt die «Limmattaler Zeitung». «Die Sensation ist perfekt», heisst es in den Zürcher Landzeitungen. Die Kunde sorgt auch in der welschen Schweiz für Aufsehen: «La sensation Richard Wolff» in «Le Matin», «Richard Wolff crée la sensation» in der «Tribune de Genève». Mindestens 15 Schweizer Medien liessen sich in Berichten über die Zürcher Stadtratswahl zur selben Wortwahl hinreissen. Mindestens so interessant ist jedoch die Frage, welche Auswirkungen die Wahl auf Zürich haben wird. Die SVP liess bereits am Sonntag verlauten, sie sehe den Werkplatz Zürich bedroht, wenn ein «bekennender Aktivist» in die Regierung der wichtigsten Wirtschaftsmetropole der Schweiz nachrücke. Die «Zürcher Regionalzeitungen» prophezeien, dass «FDP und SVP bocken werden» und Blockaden zwischen Parlament und Stadtrat drohen. Gelassener bleibt der «Tages-Anzeiger»: «Was wird in Zürich anders mit einem Wolff im Stadtrat? Nicht viel.»