Ab heute können sich Parteien, Kantone oder Verbände zur geplanten Reform der Altersvorsorge 2020 äussern
Ganz oder gar nicht: Die Reform der Altersvorsoge hat aus Sicht des Bundesrates nur als Gesamtpaket mit Rentenanpassungen sowie höherer Mehrwertsteuer eine Chance vor dem Volk. Ein erster Entwurf des Grossprojekts zu den Sozialwerken geht nun in die Vernehmlassung. Seit einem Jahr sind die Grundzüge der Grossreform der Sozialwerke bekannt – Kritik musste sich der Bundesrat aus allen Lagern anhören. In seinen heute verabschiedeten konkreten Vorschlägen hat er die Stossrichtung dennoch fast unverändert beibehalten. Er pocht auf eine Erhöhung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre und auf die Senkung des Umwandlungssatzes von 6,8 auf 6,0 Prozent. Beides kritisiert die Linke. Aber der Bundesrat trotzt auch dem Widerstand der Bürgerlichen und beharrt auf einer Mehrwertsteuererhöhung, um die Finanzierung der AHV zu gewährleisten. Vor allem will er die Reform der 1. und 2. Säule nicht aufspalten. «Ein Haus kauft man auch als Ganzes», sagte Sozialminister Alain Berset in Bern. Einzeln hätten Rentensenkungen oder Steuererhöhungen keine Chance vor dem Volk, gab sich der SP-Bundesrat überzeugt. Ein solches Vorgehen «bringt uns nicht sehr weit», sagte er. Das «ausgewogene» Paket enthalte aber Abfederungen, so dass das Rentenniveau gleich bleibe. «Am Schluss zählt, wie hoch die Rente ausfällt», sagte Berset. Dennoch würden die dringend nötigen Reformen zur Sicherung der Sozialwerke durchgeführt.
Aus seiner Sicht ist das Paket damit mehrheitsfähig. Um das Gesamtpaket durchzubringen, möchte der Bundesrat eine Guillotine-Klausel einbauen: Ein Nein in einer Abstimmung würde das ganze Paket zu Fall bringen. Eine Steuererhöhung ohne Reformen soll nicht möglich sein, der umgekehrte Fall auch nicht. Ob das Parlament nach dem Gusto des Bundesrates vorgehen will, bleibt offen. Bereits sind Forderungen nach einer Trennung der Vorlage und beispielsweise einer vorzeitigen Anhebung des Rentenalters für Frauen auf 65 Jahre laut geworden. Auch die Mehrwertsteuererhöhung dürfte es schwer haben.
Ausgangslage und die wichtigsten Änderungen
Um die Renten der 1. und 2. Säule langfristig zu finanzieren, hat Sozialminister Alain Berset ein umfassendes Reformpaket ausgearbeitet. Heute hat der Bundesrat die Reform Altersvorsorge 2020 verabschiedet. Nun können Parteien, Verbände oder Kantone bis am 31. März 2014 Stellung nehmen.
Die wichtigsten Änderungen:
Das Rentenalter für Frauen wird innerhalb von sechs Jahren von heute 64 Jahre auf 65 Jahre angehoben und somit dem Rentenalter der Männer angeglichen. Der Mindestumwandlungssatz der beruflichen Vorsorge wird von heute 6,8 Prozent auf 6 Prozent gesenkt. Die Senkung erfolgt schrittweise innerhalb von vier Jahren. Um die Verluste der Versicherten teilweise auszugleichen, werden die Beiträge auf einem grösseren Mindestanteil des Lohns erhoben. Damit steigen auch die Beiträge der Arbeitgeber. Weil die AHV längerfristig trotz der verschiedenen Massnahmen zusätzliche Mittel braucht, soll die Mehrwertsteuer um maximal 2 Prozentpunkte erhöht werden. Versicherungsgesellschaften müssen sich auf strengere Regeln einstellen: Die Aufsicht und Transparenz im Geschäft mit der 2. Säule soll verbessert werden. Die Vorlage war bereits im Vorfeld heftig umstritten.