Die Zahl der Asylgesuche nimmt zu, doch dem Bund fehlen genügend Übersetzter um ein faires Verfahren zu garantieren. Problematisch wird es vor allem dann, wenn der gleiche Übersetzter beim Asylgesuch und beim Berufungsverfahren eingesetzt wird
Wenn die Zahl der Asylgesuche in der Schweiz zunimmt, hat Barbara Ackermann alle Hände voll zu tun. Als Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizerischen Arbeiterhilfswerks Schaffhausen (SAH SH) vermittelt sie Dolmetschende an verschiedene Behörden. So organisiert sie beispielsweise für das Asyltestzentrum des Bundes in Zürich Telefondolmetscher. «Während das BFM den Takt vorgibt, müssen sich unsere Dolmetscher danach richten», sagt Ackermann. Auch dürfe nicht vergessen gehen, dass bei der Suche nach Dolmetschenden stark auf die Wünsche der Asylsuchenden eingegangen werden müsse, gibt Ackermann zu bedenken. Probleme gibt es etwa, wenn Dolmetschende für beide Seiten arbeiten. Also einerseits bei der Anhörung durch die Behörden und – nach dem abschlägigen Bescheid – für die Stelle, die bei einer allfälligen Beschwerde behilflich ist. Allerdings sind diese Doppelmandate laut Ackermann derzeit Einzelfälle.
Es könnten Probleme entstehen
Im beschleunigten Testverfahren habe man sich darauf geeinigt, dass solche Doppelbesetzungen nicht vorkommen dürften. Für Ackermann ist klar: «Wird das System schweizweit ausgebaut, kann das so nicht mehr gelten.» Generell gebe es Probleme mit Doppelmandaten nur dann, wenn weder das SAH SH noch die Schweizerische Flüchtlingshilfe (SFH) für das Testverfahren einen Dolmetschenden in der gewünschten Sprache fänden. Auch die SFH schliesst Doppelrollen nicht aus, wie Sprecher Harry Sivec auf Anfrage sagt. Die Möglichkeit eines Missbrauchs sei vielfältig. Alle Beteiligten seien sich aber der Problematik bewusst und versuchten diese zu vermeiden. Das BFM spricht auf Anfrage Klartext: «Dolmetschende des BFM dürfen grundsätzlich keinen Tätigkeiten nachgehen, die mit ihrer Rolle nicht kompatibel sind», sagt Sprecherin Léa Wertheimer. Doppelrollen innerhalb des BFM seien nicht möglich. Auch wenn der Bedarf an Dolmetschenden zunehme, mache das BFM «keinerlei Kompromisse», sagt Wertheimer. «Ebenso wenig werden Zugeständnisse an die Neutralität und die Unabhängigkeit der Dolmetschenden gemacht.» Die Kandidaten durchliefen einen strengen Auswahlprozess.
Spitzel im System
In den Niederlanden wurden im Sommer drei eritreische Dolmetscher mit dem Vorwurf entlassen, sie seien Spitzel des Regimes. Auszuschliessen seien solche Probleme auch in der Schweiz nicht, sagt Barbara Ackermann vom Arbeiterhilfswerk. «Unsere ausgebildeten Dolmetscher unterliegen aber dem Berufskodex von Interpret und unterzeichnen jeweils eine Verschwiegenheitserklärung.» Damit hätten die Behörden eine Handhabe, sie bei Fehlverhalten wegen Amtsgeheimnisverletzung anzuzeigen. «Die schwarzen Schafe sind die Ausnahme, nicht die Regel.» Um dies auch künftig so zu halten, sei die Qualitätssicherung und Überprüfung «eine kontinuierliche Aufgabe». Bei der Rückmeldung nach einer Zusammenarbeit an das Bundesamt für Migration werde diesem Punkt eine entsprechende Priorität eingeräumt. Dies bestätigt BFM-Sprecherin Léa Wertheimer. Trotzdem habe es in der Vergangenheit Entlassungen von Dolmetschenden gegeben – «aus verschiedenen Gründen, auch wegen Befangenheit». Bei Verdacht trenne sich das Amt in der Regel von Angestellten. Wertheimer sagt, dass der Bund laufend Dolmetschende suche, wenn nötig auch aus dem angrenzenden Ausland. Ein Blick auf das Stellenangebot des Bundes zeigt, dass Bewerber gefragt sind, die «unregelmässig und stundenweise» arbeiten können und «sich kurzfristig aufbieten» lassen. Die Liste der prioritär gesuchten Sprachen ist lang. Darin tauchen auch Sprachen aus Eritrea und Syrien auf, den beiden häufigsten Herkunftsländern von Asylsuchenden in der Schweiz.