Der Bundesrat hat im Rahmen der Fachkräfteinitiative den Bericht zur unterschiedlichen steuerlichen Behandlung von Ehe- und Konkubinatspaaren zur Kenntnis genommen
Der Bericht kommt zum Schluss, dass Änderungen bei der Besteuerung von Ehepaaren und ein höherer Abzug für Kinderdrittbetreuungskosten den Arbeitsmarkt beleben und ihm mehr Fachkräfte zuführen könnten. Der Bund steht in der Pflicht, bei der direkten Bundessteuer eine verfassungskonforme Ehepaarbesteuerung vorzusehen. Zwei Hauptsysteme stehen zur Verfügung: die gemeinsame Besteuerung und die getrennte Besteuerung von Ehegatten. Der Bericht “Unterschiedliche Behandlung von Ehepaaren und Konkubinatspaaren bei der direkten Bundesteuer und steuerliche Behandlung der Kinderdrittbetreuungskosten” zeigt auf, dass vor allem die “Alternative Steuerberechnung” und die Individualbesteuerung dank niedrigerer Grenzsteuerbelastung des Zweiteinkommens den Arbeitsmarkt beleben und damit dem Fachkräftemangel entgegen wirken würden. Die zur Auswahl stehenden Modelle stehen in enger Abhängigkeit zur Volksinitiative “Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe”. Wird die Volksinitiative abgelehnt, sind weiterhin sämtliche Modelle der gemeinsamen oder getrennten Besteuerung offen. Bei einer Annahme der Initiative kommt der Wechsel zur Individualbesteuerung nicht mehr in Frage, weil die Initiative die gemeinsame Besteuerung in der Verfassung verankern will. Das Modell „Alternative Steuerberechnung” führt zu Mindereinnahmen von rund 1,2 Mrd. Franken pro Jahr, die Individualbesteuerung zu Mindereinnahmen zwischen 2 Mrd. und 2,35 Mrd. Franken, sofern keine Personengruppe stärker belastet werden soll als im geltenden Recht.
Im Kern des Themas
Das Modell “Mehrfachtarif mit alternativer Steuerberechnung” basiert auf der gemeinsamen Veranlagung sowie auf dem Mehrfachtarifsystem des geltenden Rechts. Das Ehepaar wird als wirtschaftliche Gemeinschaft betrachtet und bildet in steuerlicher Hinsicht eine Einheit. Bei der Veranlagung berechnet die Steuerbehörde die Steuerbelastung für Ehepaare in einem ersten Schritt wie bisher, indem die Einkommen der Ehegatten zusammengerechnet werden. Hierbei wird bei Ehepaaren ohne Kinder der Verheiratetentarif und für solche mit Kindern der Elterntarif angewendet. In einem zweiten Schritt nimmt die Behörde eine alternative Berechnung der Steuerbelastung vor, die sich an eine Besteuerung von Konkubinatspartnern anlehnt. Auf die so ermittelten Steuerfaktoren eines jeden Ehegatten wird der Grundtarif angewendet. Die dabei resultierenden Steuerbeträge für die beiden Ehegatten werden anschliessend zusammengerechnet. Die Endsumme wird mit der Steuerberechnung nach dem herkömmlichen Mehrfachtarif verglichen. Der günstigere der beiden Steuerbeträge wird schliesslich von Amtes wegen angewendet. Die Individualbesteuerung beruht auf einem einzigen Tarif für alle natürlichen steuerpflichtigen Personen. Die Ehegatten werden getrennt besteuert, und jeder Ehegatte reicht seine eigene Steuererklärung ein. Die Einkommens- und Vermögensfaktoren müssen den Ehegatten zugeordnet werden. Je nach Ausgestaltung der Individualbesteuerung erfolgt dies entweder streng nach den zivilrechtlichen Verhältnissen oder nach pauschalen Zuordnungskriterien, beispielsweise hälftige Aufteilung des Vermögens, der Vermögenserträge, der Schuldzinsen und der Schulden – ungeachtet des Güterstandes.
Die Massnahmen zur Kostensenkung
Um negative finanzielle Erwerbsanreize für Mütter zu beseitigen, wären höhere Abzüge für die Kinderdrittbetreuung zielführend. Gemäss Bericht würden davon hauptsächlich Eltern mit mittleren und hohen Einkommen profitieren, da diese von der heutigen Beschränkung des Steuerabzugs am stärksten betroffen sind. Zudem würden aufgrund der Steuerprogression höhere Einkommen stärker entlastet. Gemäss Bericht muss die Massnahme im Gesamtkontext mit anderen Massnahmen beurteilt werden, die derzeit geprüft werden. Dazu gehören etwa Massnahmen im Bildungsbereich oder zur Förderung weiblicher und älterer Arbeitskräfte, die Erhöhung des Angebots von Betreuungsplätzen für Kinder im Vorschul- und Schulalter und Massnahmen zur Kostensenkung der Betreuungsstrukturen. Der Bericht präsentiert zum einen eine Auslegeordnung der möglichen Reformmodelle zur Ehepaarbesteuerung, anderseits liefert er eine Einschätzung der Folgen eines beschränkten Kinderdrittbetreuungsabzugs auf den Arbeitsmarkt. Sobald das Resultat der Volksabstimmung “Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe” vorliegt, wird der Bundesrat rasch eine Vorlage ausarbeiten lassen. Die steuerliche Behandlung von Kinderdrittbetreuungskosten soll im Gesamtkontext mit anderen Lösungsansätzen politisch diskutiert und beurteilt werden.
Tijana Nikolic