Für den ETH-Rat ist es unverständlich, dass im «Stabilisierungsprogramm 2017–2019» die Bildung, Forschung und Innovation mit über einer halben Milliarde Franken unverhältnismässig stark belastet werden soll
Als strategisches Führungs- und Aufsichtsorgan der beiden ETH Zürich und Lausanne und der Forschungsanstalten PSI, WSL, Empa und Eawag behandelte der ETH-Rat an seiner letzten Sitzung des Jahres vorwiegend Fragen zum strategischen Controlling, des Immobilienmanagements und der Finanzplanung. Zudem befasste er sich in seiner Arbeitgeberfunktion mit verschiedenen Wahlgeschäften. Mit dem Stabilisierungsprogramm 2017–2019 möchte der Bundesrat das Budget bei Bildung, Forschung und Innovation um über eine halbe Milliarde Franken kürzen. Zusammen mit der internationalen Zusammenarbeit ist die Bildung und Forschung am weitaus stärksten von den geplanten Sparmassnahmen betroffen. Bildung und Forschung müssten mit 555 Mio. CHF einen unverhältnismässig hohen Anteil der Kürzungslasten tragen von fast 20 Prozent des gesamten Sparprogramms, obwohl dieser Bereich lediglich 11 Prozent der Gesamtausgaben des Bundes ausmacht.
Schweiz steht vor grossen Herausforderungen
Die Schweiz steht aufgrund der Frankenstärke und den Unsicherheiten über die Personenfreizügigkeit, Forschungszusammenarbeit und die bilateralen Verträge mit der EU vor grossen Herausforderungen. Um diesen zu begegnen, muss sie noch innovativer und noch konkurrenzfähiger werden. Der ETH-Rat hat deshalb kein Verständnis dafür, dass gerade derjenige Bereich übermässig stark von Kürzungen betroffen ist, der entscheidend ist für die ausgezeichnete Ausbildung der Schweizer Fachkräfte, die Wettbewerbsfähigkeit und die Innovationskraft des Landes. Für den ETH-Rat steht ausser Zweifel, dass solche Kürzungen die hohe Qualität der Bildung und Forschung gefährden, aber auch den intensiven Wissens- und Technologietransfer aus den Hochschulen und Forschungsanstalten in die Volkswirtschaft. Vielmehr braucht die Schweiz zusätzliche Investitionen in Bildung, Forschung und Innovation. Der ETH-Rat wird sich im Rahmen der Vernehmlassung und der anstehenden Budgetdiskussionen entsprechend dafür einsetzen. Im Rahmen seiner strategischen Controlling-Aufgaben hat der ETH-Rat das Konzept und die Leitlinien festgelegt zu den Zielvereinbarungen des ETH-Rats mit den Institutionen für die neue Leistungsperiode 2017–2020.
Des Weiteren nahm der ETH-Rat mit Befriedigung Kenntnis von den positiven Evaluationen der Qualitätssicherungssysteme der beiden ETH durch die Schweizerische Agentur für Akkreditierung und Qualitätssicherung (AAQ). Die EPFL liess zudem eine Programmakkreditierung durch die französische Agentur «Commission des Titres d’Ingénieur» durchführen. Alle geprüften Masterstudiengänge in den Ingenieurwissenschaften wurden positiv beurteilt und für weitere drei bis sechs Jahre akkreditiert. Die ETH Zürich ihrerseits unterzog sich ebenfalls – wie die EPFL freiwillig – erfolgreich einer AAQ-Evaluation. Gemäss dem Urteil der externen Experten sind die Qualitätssicherungssysteme gut in den Hochschulen verankert und auf allen Stufen umgesetzt. Die Evaluationsberichte sind auf der AAQ-Website publiziert.
Grund: Sparprogramm des Bundes
Des Weiteren hat der ETH-Rat von den Ergebnissen der Lohnverhandlungen mit den Sozialpartnern Kenntnis genommen. Anders als in den Vorjahren lassen die finanziellen Rahmenbedingungen 2016 keine generelle Nominallohnerhöhung für Mitarbeitende im Lohnsystem des ETH-Bereichs zu. Grund dafür ist in erster Linie das Sparprogramm des Bundes, von dem der ETH-Bereich bereits heute betroffen ist. Angesichts der prognostizierten negativen Teuerung des laufenden Jahres entfällt auch der Teuerungsausgleich. Auf individueller Ebene bleiben leistungs- und erfahrungsabhängige Lohnanpassungen im beschränkten Rahmen möglich. Der ETH-Rat ist überzeugt, dass angesichts der angespannten Finanzlage des Bundes und mit den Leistungen des Arbeitgebers zum Beispiel in den Bereichen Kinderbetreuung, Chancengleichheit und Weiterbildung zusammen mit den Sozialpartnern eine insgesamt angemessene und faire Gesamtlösung gefunden wurde. Auf Antrag des Direktors des Paul Scherrer Instituts Prof. Dr. Joël Mesot, hat der ETH-Rat Prof. Dr. Gabriel Aeppli (*1956) als neues Mitglied der Direktion ernannt. Gabriel Aeppli ist seit April 2014 beim PSI als Forschungsbereichsleiter Synchrotronstrahlung und Nanotechnologie tätig. Ausserdem hat der international preisgekrönte Festkörperphysiker eine Professur an der ETH Zürich und der EPFL inne. Mit dem London Centre for Nanotechnology baute er ab 2002 in kurzer Zeit ein führendes Wissenschafts- und Technologiezentrum auf und war 2007 Mitgründer eines Beratungsunternehmens im Bereich Biomedizin und Nanotechnologie.
In den letzten Jahren hat er seine Interessen auf das Gebiet der Quanteninformation erweitert, wo er seine Forschung auf die Realisierung von Quanten-Bits in dotiertem Silizium fokussiert. Mit Blick auf deren neue Amtsperiode 2016–19 hat der ETH-Rat die Erneuerungswahl der ETH-Beschwerdekommission vorgenommen. Die ETH-Beschwerdekommission ist ein erstinstanzliches Spezialverwaltungsgericht, das über Beschwerden gegen Verfügungen von Organen der Institutionen des ETH-Bereichs entscheidet. Neben dem bisherigen Präsidenten Prof. Hansjörg Peter (Lausanne) wurden vier bisherige Mitglieder sowie neu der Biologe Dr. sc. nat. Dieter Ramseier und ETH-Zürich-Student Jonas Philippe in die Kommission berufen. Den zurücktretenden Kommissionsmitgliedern Astrid Forster und Jannick Griner dankt der ETH-Rat für ihre wertvollen Dienste.