Schweizer Fussballfans haben Angst vor weiteren Terroranschlägen an der EM 2016 in Frankreich und versuchen die geplante Reise zu annullieren
Die Angst vor weiteren Terroranschlägen zeigt sich auch bei Veranstaltern von Fussballreisen: «Die Terroranschläge in Paris geistern den Menschen in den Köpfen herum», sagt Kurt Mäder, Inhaber von Fussball-reisen.ch.
«Fans haben Angst, dass es während der EM wieder zu Anschlägen kommen könnte.» Das habe sich vor allem kurz nach den Pariser Anschlägen im November gezeigt: «Kurz darauf wurden weitere Tickets verkauft», erklärt Mäder.
Doch der grosse Ansturm sei ausgeblieben. «Es haben sich nicht nur viel weniger Personen gemeldet», sagt Mäder. «Auch viele Reisende, die bereits alles organisiert haben, haben Schwierigkeiten, Begleiter zu finden.»
Es kann immer etwas passieren
Um noch einmal zu verdeutlichen, welchen Einfluss die Terroranschläge auf die Fussballfans haben, zieht Mäder einen Vergleich: «Für das Spiel Schweiz-Albanien haben wir etwas über 30 Personen, die mit uns nach Frankreich reisen wollen. Damals planten wir aber mit einigen mehr.»
In seiner 30-jährigen Tätigkeit als Veranstalter von Fussballreisen habe er noch nie so etwas erlebt wie jetzt bei der EM: «Ich kann es nicht ganz begreifen, warum sich diese Angst vor allem bei Frankreich zeigt. Es kann ja immer etwas passieren, auch in Deutschland oder sonst wo.» Auch Daniel Oppliger von Fanreise.ch hat Angebote für die EM aufgeschaltet. «Bereits nach den Anschlägen Ende 2015 sind einige Annullationen eingegangen, weil die Leute Angst haben», bestätigt er.
Laut Mäder und Oppliger gibt es nebst der Angst vor Terror auch weitere Gründe, warum nicht so viele Schweizer an der EM in Frankreich dabei sein werden. Mäder: «Die schlechten Resultate der Schweizer Nationalmannschaft haben dazu geführt, dass gar keine grosse Euphorie aufkommen konnte. Die Fans fiebern dem Event nicht entgegen.»
Laut Oppliger hat aber auch die Verkauftstaktik der Uefa dazu beigetragen: «Bisher wurde eine bestimmte Anzahl an Tickets über die lokalen Fussballverbände vergeben. So hatten eingefleischte Fans die Möglichkeit, Tickets für die Endrunde zu erhalten.» Dieses Mal sei es jedoch so, dass viele seiner Kunden keine Chance hatten, über die Uefa Tickets zu erhalten. Oppliger: «Es gab Absagen hier und dort.»
Die Hoffnung stirbt zuletzt
Mäder hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es dennoch eine tolle EM wird: «Falls nichts mehr passiert, steigt die Euphorie vielleicht bis Mai an. Und es wollen wieder mehr Personen dabei sein.»
Für Oppliger ist die EM rein geschäftlich gelaufen. Mit seiner Agentur findet keine Gruppen-Reise an die EM statt.
Individuelle Arrangements seien aber auf Anfrage buchbar. Anders als Mäder und Oppliger hat Knecht-Sportreisen die Angst der Fans noch nicht zu spüren bekommen: «Bis jetzt haben wir noch keine Stornierungen oder Rückmeldungen im Zusammenhang mit den Terroranschlägen festgestellt», sagt Simon Gauch, Product Manager für Gruppenreisen.
«Wir können allerdings im Vergleich zu früheren Reisen eine gewisse Zurückhaltung beim Buchungseingang feststellen.»
Sicherheitsvorkehrungen sehr gross
Dies habe ihrer Meinung nach aber mehr mit den jüngsten Leistungen der Nationalmannschaft und der etwas abgeflachten Euphorie zu tun. Gauch fügt hinzu: «Die Sicherheitsvorkehrungen während Grossanlässen sind erfahrungsgemäss umfangreich und werden bei der EM in Frankreich sicher besonders ausgereift sein.»
Auch der Schweizerische Fussballverband ist sicher, dass die Sicherheitsvorkehrungen gross sein werden, so Sprecher Yannick Rappan: «Ein Risiko, das etwas geschieht, besteht aber immer und überall.» Dass die Angst vor weiteren Terroranschlägen nicht unbegründet ist, zeigen auch die neusten Entwicklungen in der Sicherheitspolitik von Frankreich.
Wie «Bild» am Dienstag berichtete, hat Frankreich deutsche Behörden um Hilfe bei der Terror-Bekämpfung währen der EM 2016 gebeten. Gemäss der Zeitung wird die Gefahrenlage so eingeschätzt: «In Frankreich muss mit jihadistischen Gewaltakten gerechnet werden. Das zufällige Mitbetroffensein von Mannschaften, Delegationen und Fans muss einkalkuliert werden.»
Tijana Nikolic