Nachdem das Parlament im September gegen den Erhalt des SKN-Obligatoriums entschieden hat, hat der Bundesrat an seiner Sitzung von Ende November die Abschaffung definitiv beschlossen. Für diese Umsetzung musste die Tierschutzverordnung angepasst werden. Folglich giltet ab dem 01.01.2017 kein Sachkunde-Nachweis Kurse Obligatorium mehr
In einer Mitteilung des Bundesamtes für Lebensmittelsicherheit und Vetärinerwesens wurde bewusst erwähnt, dass alle weiteren Tierschutzbestimmungen im Bereich der Hundehaltung weiterhin gelten: Sozialkontakt, Bewegung, Umgang, Unterkunft, Verantwortlichkeiten und Meldepflichten. Zudem wurde betont, dass der Bundesrat freiwillige Hundekurse als sehr sinnvoll erachtet, vor allem für Personen, welche zum ersten Mal einen Hund halten. Man bedenke, dass der Bundesrat eigentlich an den obigatorischen Hundehalterkursen festhalten wollte, dann aber leider vom Stände- und Nationalrat überstimmt wurde – obwohl sich die Kommission des Nationalrates ebenfalls für den Erhalt der Kurse ausgesprochen hatte. Fest steht, dass die Kantone (wie der Kanton Zürich seit 2010) auf ihrer Ebene eigene Vorschriften in Sachen Ausbildung für “Hundehalter und ihre Hunde” erlassen können.
Ein eindeutiger Rückschritt
Die SKN-Theoriekurse konnten zur Vermeidung von unüberlegten Hundekäufen (welche später im Tierheim landen), der Aufklärung rund um den illegalem Welpenhandel, unseriösen Vermehrern oder Hundehändlern etc. so viel beitragen. Zudem konnte der SKN Theoriekurs künftigen Hundehaltern aufzeigen, was zeitlich und auch finanziell auf sie zukommen kann, was sie über die Entwicklung (Sozialisierungsphase), Verhalten, Auslastung, Lernverhalten, Körpersprache, Ernährung, Gesundheit, Verhaltenskodex in der Öffentlichkeit unbedingt wissen sollten. Die guten SKN-Praxiskurse haben anschliessend auf diesem Wissen aufgebaut. Fragen wie “Wie kommuniziere ich mit meinem Hund”, “Wie trainiere ich einen sicheren Rückruf?”, “Wie lernt mein Hund das schöne Leinelaufen”, “Wie verhalte ich mich in Situation X oder Y?”, “Was verrät mir die Körpersprache meines Hundes?”, “Welches sind die 4F (Konfliktstrategien) des Hundes?”, “Wie verhalte ich mich in der Öffentlichkeit, auch gegenüber anderen Mensch-Hund-Teams korrekt?” wurden eingehend besprochen. Für den Erwerb des Grundgehorsams wurden wichtige Übungen demonstriert und anschliessend unter geschultem Auge des Trainers geübt – was natürlich als Hausaufgabe auf die nächste Lektion vertieft werden musste.
Verbesserung statt Abschaffung
So oder so ähnlich sind die guten SKN-Theorie- und Praxiskurse abgelaufen und haben in Sachen Prävention definitiv eine grosse Wirkung gezeigt. Nicht umsonst zeigte auch die Evaluation des BLV, dass die SKN-Ausbildung bei den kantonalen Veterinärbehörden sowie auch bei den HundehalterInnen auf ein überwiegend positives Echo gestossen ist. Aber ja, es gab sie, die “schlechten SKN-Kurse”. Sei es, weil die Trainer nach völlig veralteten Methoden gearbeitet hatten oder weil die Gruppengrösse so gross war, dass man als Teilnehmer weder eine Frage stellen noch sonst irgendwie aktiv profitieren konnte. Es gibt bestimmt auch viele Hundehalter die zurecht sagen, dass ihnen ihr SKN-Kurs nicht viel gebracht hat. Genau hier lag unserer Meinung nach auch das grosse Problem: es gab zu grosse Abweichungen im Inhalt und zu grosse Unterschiede in der Qualität. Dies hätte man jedoch verbessern müssen, anstatt gleich das ganze System abzuschaffen bevor es seine Wirkung überhaupt entfalten konnte.
Befürchtet wird das Schlimmste
Man kann sich gut vorstellen, dass es nach der Abschaffung der SKN-Kurse eventuell viel öfters zu unüberlegten Hundekäufen kommt – auch an Orten, wo man eigentlich gar keine Hunde kaufen sollte. Und, da die Verhaltensregeln für Hundehalter in der Öffentlichkeit nicht mehr jedem Hundehalter persönlich kommuniziert werden können, befürchten Experten, dass sich das “Image von Hund und Halter” in der Öffentlichkeit langfristig verschlechtern wird. Ausserdem wird befürchtet, dass es aufgrund von fehlendem Wissen (Sachkunde) der Hundehalter vermehrt zu Zwischenfällen oder gar Unfällen zwischen Mensch und Hund oder Hund und Hund kommen kann. Und was dann? Was würde dann passieren? Es käme warscheinlich zum grossen Aufschrei in den Medien – die Öffentlichkeit würde Massnahmen fordern. Nach dieser Abschaffung würden voraussichttlich keine Kurse mehr eingeführt – und ohne Kurse kann man auch keine Kurse verschärfen.
Angst vor übertriebenen Gesetzesvorschlägen
Es ist daher zu befürchten, dass es Gesetzesvorschläge regnen wird wie “Leinenpflicht für alle”, “Maulkorbpflicht für alle grossen Rassen” oder es werden einfach noch mehr Hunde auf die “Liste der potentiell gefährlichen Hunde” gesetzt, teils Rassen ganz verboten usw. Das wären Massnahmen, welche alle Hunde und ihre Halter massiv einschränken und unglücklich machen würde, nur weil sich eine Minderheit falsch verhalten hat. Da war der Präventions-Ansatz mit dem Ausbildungs-Obligatorium für alle viel fairer. Zu hoffen bleibt, dass die Eigenverantwortung der Hundehalter auch ohne Obligatorium gross genug ist und, dass sich Neuhundehalter vor dem Hundekauf umfangreich informieren, die wichtige Sozialisierungs-Phase ihrer Hunde nicht verpassen (dazu muss man aber wissen, dass es sie gibt) und gemeinsam mit dem Hund mindestens einen Kurs in einer guten Hundeschule besuchen, welcher über die Grunderziehung und die Kommunikation der Verhaltensregeln auch noch Spass macht.
Tijana Nikolic