Der Bundesrat legt eine neue Lösung vor, um die Zulassung der Ärztinnen und Ärzte zur Tätigkeit zulasten der Grundversicherung zu regeln. Dieses Konzept erhöht die Qualitätsanforderungen an die Leistungserbringer während des gesamten Berufslebens und setzt auf drei Handlungsebenen an
Das Konzept verschärft ebenfalls im Bereich der Ausbildung und Qualifikation die Mindestvoraussetzungen für die Berufsausübung, hebt die Qualitätsanforderungen an die vergütungsberechtigte Tätigkeit an und ermöglicht den Kantonen ein wirksameres Eingreifen zur Eindämmung des Leistungskostenanstiegs. Zu diesem Zweck hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 5. Juli 2017 eine Änderung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) in die Vernehmlassung geschickt. Die Vorlage bietet einen langfristigen Ersatz für das heutige System der Zulassungsbeschränkung, das am 30. Juni 2019 ausläuft.
Anzahl zugelassener Ärzte beschränken
Zur Steuerung des ambulanten Bereichs haben die Kantone derzeit die Möglichkeit, die Anzahl der zugelassenen Ärztinnen und Ärzte zu beschränken, die zulasten der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP, Grundversicherung) tätig sind. Eine Mehrheit von ihnen nutzt dieses Instrument. Dabei handelt es sich jedoch um eine Übergangslösung, die im Sommer 2019 ausläuft. Mit dem vorliegenden Entwurf bietet der Bundesrat eine langfristige Alternative, die insbesondere die qualitativen Pflichten der Leistungserbringer verstärkt.
Neues Gesetz hebt das Niveau der Kompetenzen
Das neue Konzept setzt auf drei Handlungsebenen an. Zunächst legt das 2015 vom Parlament überarbeitete Medizinalberufegesetz (MedBG) einen Grundstock von Mindestanforderungen an die Ausbildung und Qualifikation der Ärztinnen und Ärzte fest. Ein Teil der Bestimmungen ist bereits wirksam, weitere treten am 1. Januar 2018 in Kraft. Das neue Gesetz hebt das Niveau der zur Ausübung eines universitären Medizinalberufs erforderlichen Kompetenzen, beispielsweise in Bezug auf die Sprachkenntnisse, und damit das Qualitätsniveau der medizinischen Leistungen an. Die Kantone haben den Auftrag zu überprüfen, ob diese Voraussetzungen von den einzelnen Ärzten erfüllt werden.
Zweijährige Wartefristen vor Praxiseröffnungen
Mit seiner Vorlage erhöht der Bundesrat auch die Anforderungen an die Ärztinnen und Ärzte mit einer Zulassung zur Tätigkeit zulasten der Grundversicherung. So nimmt er zusätzliche Qualitätskriterien auf, die für die neuen wie auch für die bereits zugelassenen Ärztinnen und Ärzte verbindlich sind. Diese müssen sich beispielsweise an Programmen zur Verbesserung der Leistungsqualität, an Fehlermeldesystemen oder an der Datenlieferung beteiligen. Es ist Sache der Versicherer, die Einhaltung dieser Verpflichtungen zu überprüfen.
Zudem kann der Bundesrat von Ärztinnen und Ärzten, die ihre eigene Praxis eröffnen möchten, vor der Zulassung eine Wartefrist von zwei Jahren nach Beendigung der Aus- und Weiterbildung verlangen. Gleichzeitig kann er eine Prüfung über die notwendigen Kenntnisse des schweizerischen Gesundheitssystems fordern, welche jedoch nicht notwendig ist, wenn eine zweijährige praktische Tätigkeit in der Schweiz nachgewiesen werden kann. Diese Bestimmung soll dazu beitragen, dass die Leistungserbringer besser qualifiziert sind und das Schweizerische Gesundheitssystem besser kennen. Sie soll zudem den Zustrom von Ärztinnen und Ärzten regulieren, die eine eigene Praxis eröffnen wollen.
Erweiterte Kompetenzen der Kantone
Neben diesen Massnahmen zur Qualitätsverbesserung umfasst die Vorlage eine dritte Handlungsebene, die der Kostenkontrolle dient. Heute legt der Bundesrat die Höchstzahlen der pro medizinisches Fachgebiet zugelassenen Ärztinnen und Ärzte fest. In Zukunft können die Kantone die Zulassung der zulasten der OKP tätigen Ärztinnen und Ärzte steuern und Höchstzahlen pro Fachgebiet festlegen, wobei diesbezüglich der Beschäftigungsgrad der Ärztinnen und Ärzte zu berücksichtigen ist, da immer mehr unter ihnen Teilzeit arbeiten. Diese Obergrenzen pro Fachgebiet gelten für alle im ambulanten Bereich tätigen Ärztinnen und Ärzte des Kantons, unabhängig davon, ob sie ihren Beruf selbständig ausüben oder nicht. Bei einem massiven Kostenanstieg in einem Fachgebiet können die Kantone die Zulassung sämtlicher neuer Ärztinnen und Ärzte blockieren.
Bei der Festlegung der Höchstzahlen pro Fachgebiet müssen sich die Kantone auf die Daten der Leistungserbringer und der Versicherer stützen. Die Kantone müssen sich auch untereinander koordinieren, damit die Mobilität der Patientinnen und Patienten berücksichtigt wird, die ausserhalb ihres Wohnkantons einen Arzt oder eine Ärztin aufsuchen.
Langfristige Lösung für die wambulante Versorgung
Im Dezember 2015 lehnte das Parlament eine Vorlage zur definitiven Verankerung der Zulassungssteuerung im Gesetz ab. Im Juni 2016 verabschiedete es dann ein dringliches Gesetz zur Verlängerung der Zulassungsbeschränkung bis im Sommer 2019. Zudem erteilte es dem Bundesrat den Auftrag, eine langfristige Lösung zur Gewährleistung einer qualitativ guten medizinischen Versorgung zu finden, die gleichzeitig den Kostenanstieg eindämmt. Um zu einer mehrheitsfähigen Lösung zu gelangen, prüfte der Bund im September 2016 zusammen mit Fachleuten und zentralen Akteuren des ambulanten Bereichs drei mögliche Stossrichtungen: Einführung differenzierter Tarife, Lockerung des Vertragszwangs und Verbesserung der Zulassungssteuerung. Aufgrund dieser Analyse erarbeitete der Bundesrat dieses neue Modell zur Zulassung, das auf drei Handlungsebenen ansetzt.
T.N.