«Man arbeitet zum Leben und nicht umgekehrt» – nach diesem Motto gestalten viele Akademiker ihren Job. 54 Prozent der Bachelorabsolventen einer Fachhochschule und
32 Prozent der Absolventen eines Masterstudiengangs an der Universität arbeiten Teilzeit, weil sie Zeit für ihre persönlichen Interessen benötigen
Bei den Abgängern der Pädagogischen Hochschule geben 47 Prozent die Zeit für persönliche Interessen als Motiv für ihr Teilzeitpensum an. Dies zeigt die Hochschul-absolventenbefragung 2018 des Bundesamts für Statistik. Im Vergleich zur Befragung von 2017 hat die Teilzeitarbeit zugunsten von Hobbys bei den Uni- und PH-Absolventen leicht zugenommen.
Könige der Teilzeitarbeiten
Spitzenreiter bei der Teilzeitarbeit sind 2018 die Geistes- und Sozialwissenschaftler (56 Prozent) sowie Abgänger interdisziplinärer und anderer Studiengänge mit universitärem Abschluss (54 Prozent). Bei den Fachhochschulabsolventen sind die Absolventen aus den Fachbereichen Soziale Arbeit (72 Prozent) sowie Musik, Theater und andere Künste (67 Prozent) die Könige der Teilzeitarbeit. Die Uni-Abgänger setzen mit 29 Prozent noch etwas mehr auf Teilzeitpensen als die Abgänger von Fachhochschulen (27 Prozent). Bei PH-Absolventen geht sogar die Hälfte der Absolventen einem Teilzeitjob nach.
Bessere Löhne haben Einfluss
Marco Salvi, Forschungsleiter Chancengesellschaft bei der Denkfabrik Avenir Suisse, vermutet, dass die Löhne einen Einfluss auf die Gestaltung der ausgeprägteren Work-Life-Balance haben. Die Löhne seien gestiegen, sagt Salvi. «Im Vergleich zu früher können Akademiker – und insbesondere Lehrkräfte – heute ihren Lebensunterhalt auch mit einem 60- bis 80-Prozent-Prozent-Pensum bestreiten.»
In gewissen Branchen sind Vollzeitstellen rar
Viele junge Berufsleute setzen sich laut Salvi mit der Arbeit nicht mehr das Ziel, ihr Einkommen zu maximieren. «Das Ziel ist, glücklich zu werden.» Hinzu komme aber auch, dass in gewissen Branchen Vollzeitstellen rar seien und manche Absolventen noch ein Doktorat oder eine Weiterbildung ablegten. Von verschwendetem Potenzial und verschwendeten Steuergeldern für das Studium könne dabei nicht die Rede sein. «Die Arbeitsprozente, die bei der Teilzeitarbeit verloren gehen, sind weitaus weniger dramatisch als das Potenzial der frühpensionierten Arbeitskräfte, die noch fit zum Arbeiten wären.»
Arbeit solle jedoch nicht zum Hobby werden
Auch SVP-Bildungspolitiker Mauro Tuena hat nichts gegen den Trend einzuwenden. «Möglicherweise leisten gewisse Arbeitnehmer ja mehr, wenn sie etwas erholter sind, als solche, die 100 Prozent arbeiten», sagt er. Zugleich warnt er aber: «Es darf nicht so weit kommen, dass die Freizeit zur Arbeit wird und die Arbeit zum Hobby.» Wer sein Pensum zugunsten der Freizeit hinunterschraube, dürfe dem Staat auf keine Art und Weise zur Last fallen. «Nur wenige Prozent zu arbeiten und dann Anspruch auf eine subventionierte Wohnung erheben – das geht natürlich nicht.»
T. N.