Erstmals können Flüchtlinge an der Universität Zürich ein Schnuppersemester besuchen. Die meisten der 20 Teilnehmenden stammen aus Syrien und Afghanistan
Ausgewählt wurden acht Frauen und zwölf Männer, die meisten im Alter zwischen 22 und 29 Jahren. Sie verfügen bereits über ein angefangenes oder abgeschlossenes Studium und fast die Hälfte hat bereits einen Universitätsabschluss – acht Flüchtlinge besitzen einen Bachelor und eine Person einen Master. Die Mehrheit der Teilnehmenden lebt seit zwei bis drei Jahren in der Schweiz. Von den 20 Personen stammen zehn aus Syrien, drei aus Afghanistan, je zwei aus Eritrea und dem Iran sowie je eine Person aus Tschetschenien, Palästina und Simbabwe.
Begleitet von Mentoren
Die Flüchtlinge können seit dem 20. Februar ein Semester lang schnuppern und die Studierenden begleiten sie als Mentoren. «Das Interesse der Flüchtlinge an diesem speziellen Angebot war sehr gross. Wir haben 79 Anmeldungen für das Schnuppersemester erhalten», sagt Sara Elmer, Projektleiterin der Abteilung Internationale Beziehungen. Die Fachstelle hat zusammen mit dem Verband der Studierenden der Universität Zürich VSUZH und der Amnesty International Hochschulgruppe Zürich das Schnuppersemester umgesetzt.
Die Flüchtlinge besuchen während dieses einen Semesters als Gasthörer Vorlesungen an der UZH. Sie können frei wählen und auch Vorlesungen aus verschiedenen Fächern kombinieren. Ausgenommen sind einzig Kurse der Medizinischen Fakultät und Vetsuisse-Fakultät, die für Gasthörer generell nicht offen sind. Am stärksten interessieren sich die Flüchtlinge für Wirtschaft, Englisch, Biologie und Recht. Zu den Sprachkursen sind sie als Gasthörer allerdings nicht zugelassen, diese sind regulär immatrikulierten Studierenden vorbehalten.
Kein Freifahrtschein an die Uni
Während des Schnuppersemesters sollen die Teilnehmenden Inhalte und Anforderungen eines Studiums in der Schweiz kennenlernen, den Studienalltag erfahren, die Sprache besser lernen, um sich so auf eine spätere Bewerbung für eine Hochschule vorbereiten zu können. Der Besuch des Schnuppersemesters berechtigt aber nicht zu einem Studierendenstatus oder einer erleichterten Zulassung zum regulären Studium. Es können auch keine Prüfungen abgelegt werden. Wollen die Flüchtlinge danach an der UZH studieren, müssen sie sich regulär einschreiben und die Bedingungen erfüllen, die für alle Studierenden gelten (Matura oder vergleichbare Ausbildung). Finanziert wird das Schnuppersemester über den Solidaritätsfonds für ausländische Studierende. Daraus werden die regulären Kosten für die Gasthörer von schätzungsweise 11’000 Franken bezahlt. Das Programm ist bislang für zwei Jahre bzw. vier Semester vorgesehen. Pro Flüchtling beschränkt sich die Teilnahme auf maximal zwei Semester.
Die Flüchtlinge brauchen eine Perspektive
Betreut werden die Flüchtlinge von Studentinnen und Studenten der UZH. «Wir haben 80 Anmeldungen von Interessierten erhalten», sagt Christian Schmidhauser, Co-Präsident des VSUZH. «Der VSUZH engagiert sich, weil auch Flüchtlinge, die in die Schweiz kommen, eine Perspektive brauchen.» Die Mentorinnen und Mentoren treffen sich zu Semesterbeginn mit den Flüchtlingen und helfen ihnen bei der Auswahl passender Vorlesungen, der Einschreibung als Hörerin bzw. Hörer und allgemein bei der Orientierung an der Universität. Im Laufe des Semesters werden sich Mentoren und Flüchtlinge regelmässig zu einem Austausch treffen.
Tijana Nikolic