Welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten sind bei der Erwerbslosigkeit von Frauen und Männern festzustellen? Sind Frauen einem erhöhten Risiko für Erwerbslosigkeit ausgesetzt? Hier wird die Situation der Frauen auf dem Arbeitsmarkt behandelt und das Phänomen der Stellensuche beschrieben
Zwischen 2001 und 2011 war die Erwerbslosenquote der Frauen gemäss der Definition des Internationalen Arbeitsamtes (ILO) in der Schweiz systematisch höher als jene der Männer: Die Abweichung beträgt im Durchschnitt einen Prozentpunkt. In der Schweiz kann somit von einer anhaltend überproportionalen Erwerbslosigkeit der Frauen gesprochen werden.
Im internationalen Vergleich lag die Erwerbslosenquote der Männer im Jahr 2011 in 11 Mitgliedsländern der EU-27/EFTA über derjenigen der Frauen, während in 15 Ländern das Gegenteil zu beobachten war. Im Jahr 2011 zählte die Schweiz im Durchschnitt 92’000 Frauen und 90’000 Männer, die noch nicht das Rentenalter erreicht hatten und auf Stellensuche waren. Die Erwerbslosenquote gemäss ILO betrug damit 4,5% bei den Frauen gegenüber 3,8% bei den Männern. Die Über-Erwerbslosigkeit der Frauen betrifft in erster Linie Ausländerinnen aus Drittstaaten (Staatsangehörige eines Landes, das nicht der EU/EFTA angehört: Erwerbslosenquote gemäss ILO von 13,8% bei den Frauen gegenüber 10,6% bei den Männern) und Frauen, die in einem Haushalt mit einem Kind bzw. mit Kindern unter 7 Jahren leben (Erwerbslosenquote gemäss ILO von 5,2% bei den Frauen gegenüber 2,3% bei den Männern).
In der Gruppe der 25- bis 54-Jährigen, in der gleichzeitig der Grossteil der Arbeitskräfte und auch die Mehrheit der Personen mit Kindern unter 15 Jahren vertreten sind, ist für weibliche Erwerbspersonen die Wahrscheinlichkeit, von einer Erwerbslosigkeit gemäss ILO betroffen zu sein, grösser als für die männlichen. Ein Grund für diesen Unterschied zwischen erwerbslosen Frauen und erwerbslosen Männern ist das unterschiedliche Verhalten auf dem Arbeitsmarkt: Die Frauen neigen eher dazu, sich vorübergehend aus dem Arbeitsmarkt zurückzuziehen, um familiären Verpflichtungen nachzukommen. Sie sind vor der Stellensuche häufiger nicht erwerbstätig: 46,9% der erwerbslosen Frauen gemäss ILO waren nicht auf dem Arbeitsmarkt aktiv, als sie ihre Stellensuche antraten. Bei den Männern hingegen betrug dieser Anteil lediglich 29,6%.
Dies erklärt, dass im Gegensatz zu den Männern die Mehrheit der Frauen eine Arbeit sucht, ohne sich bei einem RAV anzumelden (39,5% der erwerbslosen Frauen gemäss ILO sind bei einem RAV registriert, im Vergleich zu 52,6% der erwerbslosen Männer). Zudem haben Frauen mehr Schwierigkeiten, sich wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern: Sie brauchen 245 Tage für die Stellensuche, Männer im Vergleich 226 Tage (Mediandauer).
Tijana Nikolic