Um die Rechte und Interessen der Kulturschaffenden und der Kulturwirtschaft zu stärken, will der Bundesrat konsequent gegen illegale Piraterie-Angebote im Internet vorgehen. Gleichzeitig hält er bei der Revision des Urheberrechtsgesetzes am Grundsatz fest, dass die Konsumenten illegaler Angebote nicht kriminalisiert werden
Auf zahlreichen Internetseiten werden heute Filme, Musikstücke, Videogames und Bücher illegal angeboten. Illegale Angebote stellen für die Kulturschaffenden und Produzenten nicht nur ein ökonomisches Problem dar. Eine unerlaubte Verwendung von Inhalten verletzt auch die Rechte verschiedener Beteiligter. Wird dieser Missbrauch verringert, profitieren alle. Die Pirateriebekämpfung ist daher ein zentrales Anliegen der Revision des Urheberrechtsgesetzes.
Arbeit von Kulturschaffenden respektieren
Die Massnahmen zur Pirateriebekämpfung zielen zum einen darauf ab, dass die Rechte der Kulturschaffenden respektiert und sie für ihre Arbeit entschädigt werden. Zum anderen sollen die Produzenten ihre Rechte besser durchsetzen und damit ihre Investitionen absichern können. Zudem fördert die Pirateriebekämpfung die Entstehung vielfältiger legaler Angebote.
Konsumenten weiterhin nicht belangt
Die Massnahmen richten sich gegen jene, die illegal Inhalte zugänglich machen. Konsumentinnen und Konsumenten illegaler Angebote werden dagegen weiterhin nicht belangt. Sie dürfen beispielsweise ein Musikstück, das ohne Erlaubnis des Rechteinhabers im Internet veröffentlicht worden ist, auch künftig für den privaten Gebrauch herunterladen.
Bekämpfung dort wo sie am effizientesten ist
Die Pirateriebekämpfung erfolgt dort, wo sie am effizientesten ist: Bei den Hosting-Providern. Hosting-Provider sind Internetdienste, die ihren Kundinnen und Kunden Speicherplatz zur Verfügung stellen, damit diese Informationen speichern können. Sie haben es in der Hand, dass auf ihren Servern keine Piraterieplattformen beherbergt und bei Urheberrechtsverletzungen die betroffenen Inhalte rasch entfernt werden.
Die «Stay-down» – Pflicht
Ein Hosting-Provider, der eine besondere Gefahr für Urheberrechtsverletzungen schafft, muss deshalb neu dafür sorgen, dass einmal entfernte urheberrechtsverletzende Inhalte auch entfernt bleiben. Ihn trifft eine sogenannte “Stay-down”-Pflicht. Zudem wird in der Vorlage klargestellt, dass die Datenbearbeitung zur strafrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zulässig ist. Diese beiden Massnahmen beenden eine langwierige Diskussion über die Pflichten der Provider und schaffen damit Rechtssicherheit für alle Beteiligten. Nicht vorgesehen im Gesetzesentwurf sind dagegen sogenannte Netzsperren.
Chancen der Digitalisierung nutzen
Neben den Massnahmen zur Pirateriebekämpfung enthält die Vorlage verschiedene Neuerungen, mit denen das Urheberrecht an die jüngsten technologischen Entwicklungen angepasst wird. Damit möchte der Bundesrat auch im Urheberrecht die Chancen nutzen, welche die Digitalisierung mit sich bringt.
So sollen Forscherinnen und Forscher sowie Bibliotheken ihre Bestände für bestimmte Zwecke ohne eine explizite Erlaubnis der Rechteinhaber nutzen können. Im Gegenzug verbessern verschiedene Neuerungen die Situation für die Kulturschaffenden sowie die Produzenten. Damit soll das Missverhältnis reduziert werden, das zwischen der zunehmenden Online-Nutzung von Werken und den stagnierenden Erlösen besteht.
So werden beispielsweise Darbietungen neu 70 statt wie bisher 50 Jahre urheberrechtlich geschützt. Die Schutzfristverlängerung gibt Produzenten mehr Zeit, ihre Investitionen zu amortisieren.
Erweiterter Schutz für Fotos und Videos
Die Kulturschaffenden profitieren zudem von einem erweiterten Schutz für Fotografien sowie einer effizienteren Verwertung der Video-on-Demand-Rechte. Für die Konsumentinnen und Konsumenten ist durch die Video-on-Demand-Vergütung keine Verteuerung der Angebote zu erwarten.
Die vorgeschlagenen Neuerungen sind allesamt Bestandteil eines Kompromisses, auf den sich eine vom EJPD eingesetzte Arbeitsgruppe zur Revision des Urheberrechts (AGUR) geeinigt hat. Die Vorlage schafft so einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessengruppen.
Der Weg zur Botschaft
2012 berufte Bundesrätin Simonetta Sommaruga, Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartementes (EJPD), eine Arbeitsgruppe (AGUR12) ein, welche die aktuelle Urheberrechtssituation überprüfen und allfällig notwendige Anpassungen an die technischen Entwicklungen aufzeigen soll.
In der AGUR12 waren alle Interessengruppen vertreten (Kulturschaffende, Produzentinnen und Produzenten, Werkvermittlerinnen und Werkvermittler, Konsumentinnen und Konsumenten). Im Dezember 2013 lag der Schlussbericht der AGUR12 vor. Das Massnahmenpaket zielte unter anderem ab auf eine vereinfachte Pirateriebekämpfung, einen Ausbau der legalen Angebote sowie eine verbesserte Information für Konsumentinnen und Konsumenten.
Arbeitsgruppe zur Erhöhung der Akzeptanz
Im Juni 2014 erhielt das EJPD vom Bundesrat den Auftrag, bis Ende 2015 eine Vernehmlassungsvorlage vorzulegen. Die Vernehmlassung dauert bis Ende März 2016, es gingen 1224 Stellungnahmen mit insgesamt über 8000 Seiten ein. Deren Stossrichtungen gingen zum Teil stark auseinander – dies auch in den Punkten, in denen sich die Vernehmlassungsvorlage eng an die Empfehlungen und den Konsens der AGUR12 anlehnte.
Um die Akzeptanz der Vorlage zu erhöhen, berufte Bundesrätin Sommaruga die Arbeitsgruppe (erweitert um die Internet-Service-Provider) erneut ein. Diese einigte sich im März 2017 auf einen Kompromiss. Die Botschaft, die der Bundesrat am 22. November 2017 verabschiedete, stützt sich auf diesen Kompromiss und die Stellungnahmen aus der Vernehmlassung.
Tijana Nikolic