Die frühere britische Premierministerin Margaret Thatcher starb im Alter von 87 Jahren
«Eiserne Lady? Kalte Kriegerin? Spiesser-Amazone? Nennt mich, wie ihr wollt», spottete sie. Das blieb ihr Stil. Welche Kritik man ihr auch an den Kopf warf – Thatcher lachte und heftete sich die Schmähung stolz ans Revers.
Lange wurde sie unterschätzt. 1973 höhnte der etablierte Flügel ihrer flügellahmen Partei über Thatchers «kreischende» Stimme. Sie legte sich einen Bariton zu – und stürzte 1975 die Etablierten. Vier Jahre später fegte sie die Labour-Regierung weg – und veränderte die Parteipolitik Europas und Amerikas. Nicht etwa, weil sie Frau war. Als erste Regierungschefin einer Industrienation waren ihr Frauenrechte egal. «Sollen mich die Feministinnen hassen», sagte sie. «Ich hasse den Feminismus auch.» Ihre Übernahme war als Beleidigung gedacht. Eine «Eiserne Lady» treibe in Grossbritannien ihr Unwesen, nörgelte die Sowjetpropaganda 1976 über eine Frau ohne Amt: Margaret Thatcher, Ex-Bildungsministerin, war damals nur Chefin der oppositionellen Konservativen. Dass sie als Frau und Kleinbürgerin die Partei der Männer und Lords anführte, machte sie dennoch zum Vorbild. Studiert hatte die gescheite Margaret in Oxford. Chemie. Ihr Vater, ein Krämerladenbesitzer, war Liberaler, sie selbst wurde zur Konservativen. Sie verehrte Friedrich Hayeks Anti-Sozialstaats-Bibel «Der Weg zur Knechtschaft». 30 Jahre später war sie also in der Position, die Knechtschaft zu beenden. Und sie machte sich mit Gusto ans Werk: Die Eiserne Lady halbierte die Spitzensteuersätze, strich Sozialleistungen und privatisierte die Wasser-, Elektrizitäts- und Gaswerke. Als sie 1984 Kohlewerke schloss, traten die Minenarbeiter in den Streik. Ein Jahr lang. Dann musste Arbeiterführer Arthur Scargill aufgeben. Die Gewerkschaften waren pleite. Maggie hatte ihnen den Rücken gebrochen. Die Wähler sahen ihr die soziale Härte stets nach. Als 1982 die Arbeitslosenzahlen explodierten, hatte Thatcher zudem Glück: Argentiniens Generäle besetzten die winzigen britischen Falklandinseln. Thatcher sah die Chance, zur Kriegsherrin zu werden. Sie holte sich die Inseln zurück und wurde zur Legende. Dreimal gewann sie gegen Labour. Niederlagen, die aus den Sozialisten brave Sozialdemokraten machten. Erst die absurde Kopfsteuer brach Thatcher 1990 das Genick. Sie stierte sie durch – und musste sie nach landesweiten Protesten zurückziehen. Monate später liess jene Partei, die ihrer Maggie alles verdankte, sie fallen. Sie hat den «Verrat» nie verwunden.
Zuletzt lebte sie zurückgezogen. Krank, allein, aber von Freund und Feind bewundert. Am Sonntag erlitt sie einen Schlaganfall und starb kurz darauf. «Friedlich», heisst es.
Auf dem Hauptplatz des alternativen Stadtteils Brixton im Süden der britischen Hauptstadt versammelten sich nach Thatchers Tod rund 200 Einwohner unter dem Motto «Freut Euch – Thatcher ist tot.» In Brixton hatte es 1981 gewaltsame Krawalle gegen die Regierung der Verstorbenen gegeben.
Mit Alkohol stiessen die Feiernden auf den Tod der ehemaligen Regierungschefin an, viele tanzten zu Hip-Hop- und Reggae-Klängen. Einer der Feiernden begründete seine Teilnahme an der Party damit, dass Thatcher «unserem Land so viel Schaden zugefügt hat».