Der Christkindlmärt am HB Zürich hat seine Pforten wieder einmal geöffnet. Weihnachtlich wie jedes Jahr, aber gibt es auch etwas Neues?
Ich laufe durch den Hauptbahnhof Zürich bei den Ständen des Christchindlmärts 2012 vorbei. Es weihnachtet zwar sehr, aber es ist doch Jahr ein Jahr aus, das Gleiche. Etwas in Gedanken versunken, werde ich plötzlich auf einen, nicht üblichen Stand aufmerksam. Als erstes sehe ich nur irgendwelche Radschläuche und frage mich, was das wohl mit Weihnachten zu tun hat. Bei genauerer Betrachtung sehe ich jedoch, dass es sich um Taschen und Accessoires aus den Schläuchen handelt. Sowas habe ich in meiner jahrelangen <Märtgängerzeit> noch nie gesehen. Und tatsächlich ist der Stand auch das erste Mal dabei. Einer der beiden Gründer der Firma <Schreif> begrüsst mich sehr freundlich und offen. Er kommt sehr sympathisch rüber und verwickelt die Kundschaft, die meist aus älteren Damen besteht, in kurze Gespräche und verteilt Flyer. Geduldig und mit viel Überzeugung von den Produkten beantwortet er mir meine Fragen und erzählt auch frei von der Firma und ihrer Philosophie. Die Taschen und Accessoires werden aus weggeworfenen Reifenschläuchen in El Salvador und aus Leder, von Hand hergestellt. Es soll oft vorkommen, dass die Leute dort ihre alten Reifenschläuche unverantwortlich auf die Strassen werfen.
Die Taschen bestehen aus hochwertigen Materialien, versehen mit kultigen Designs, die von sechs Mitarbeitern in El Salvador selber hergestellt werden. Sie sind 100%ig sozial und ökologisch nachhaltig produziert. Die Idee kam den Begründern, Marco Müller und Patrick Zanini 2009 bei einer Reise durch El Salvador. Danach fingen sie an, Sponsoren und junge Designer mittels Anzeigen im Internet zu suchen und starteten den Verkauf. Einen Laden haben sie noch nicht. Sie verkaufen hauptsächlich über das Internet oder an Märkten und Messen. Letztens waren sie zum Beispiel an der Designermesse Blickfang in Zürich und dieses Wochenende geht’s ab nach Luzern an die Messe Designschinke. Gefüttert sind die Taschen aus dem Schuluniformstoff der Schüler in El Salvador. Denn andere Stoffe sind dort nicht immer verfügbar, dieser jedoch muss immer vorhanden sein. Es war auch harte Arbeit, die Leute dazu zu bringen, exakt zu arbeiten. Die Standartqualität dort ist nicht die gleiche wie in der Schweiz. Doch man konnte sich einigen und die Zusammenarbeit verläuft sehr gut. Dafür bekommen die Fabrikarbeiter in El Salvador eine Krankenversicherung, gute Löhne und zwischendurch, wenn es gut läuft, auch Bonusentlöhnungen.
Die Menschen sind sich sowas gar nicht gewöhnt und leisten umso bessere Arbeit, um weiterhin so gut zu verdienen. Dadurch haben die Produkte auch ihren Preis. Die Bandbreite reicht von einem Etui für 60 Franken bis grösseren Laptoptaschen für 420 Franken. Die beiden Gründer kennen sich aus ihrer Studienzeit an der Uni Zürich, wo sie beide ein Geschichts – und Wirtschaftsstudium absolviert haben. Die Zusammenarbeit fing 2009 an und verläuft bis heute gut. Da nehmen sie auch die langen Tage am Christchindliemärt in Kauf, bei dem sie sich alle fünf Stunden ablösen. Auf mich wirkt <Schreif>, wie ein junges, dynamisches Unternehmen, dass es noch weit bringen könnte. Ausserdem sind die Produkte eine besondere Geschenkidee zu Weihnachten.
Infos: www.schreif.ch