Wer künftig in der Schweiz erstmals allein im Auto unterwegs sein darf, soll dies mit mehr Fahrpraxis als bisher tun. Dies ist das Ziel eines Revisionspakets zur Fahrausbildung, das der Bundesrat an seiner Sitzung vom 26. April 2017 in die Vernehmlassung geschickt hat
Junglenkerinnen und Junglenker, die noch nicht lang den Führerausweis besitzen, sind überdurchschnittlich oft in Unfälle verwickelt. Zudem wird das Verkehrsgeschehen immer komplexer. Deshalb hat die Bundesversammlung 2005 die Zwei-Phasen-Ausbildung eingeführt: In der ersten Phase erfolgt die theoretische und praktische Ausbildung bis zur Führerprüfung. Bei der zweiten Phase handelt es sich um die dreijährige Probezeit nach dem Erwerb des Führerausweises inklusive Weiterausbildung.
Inhaltlich und administrativ verbesserungsfähig
Erfahrungen der letzten 12 Jahre haben gezeigt, dass diese Ausbildung inhaltlich und administrativ verbesserungsfähig ist. Sie ist teilweise kompliziert, wird als zu teuer empfunden und sorgt bei den angehenden Junglenkerinnen und -lenkern immer wieder für Ärger, wenn Fristen nicht eingehalten werden können und Ausbildungsschritte wiederholt werden müssen. Weil das Zulassungs-verfahren zum grossen Teil mit Papierformularen abgewickelt wird, ist auch für die Verwaltung der Aufwand gross. Dazu kommt, dass die bisherige Zwei-Phasen-Ausbildung hinsichtlich des Unfallgeschehens noch nicht die volle erwünschte Wirkung erzielt.
Totalrevision geplant
Aus diesen Gründen ist eine Totalrevision der Vorschriften über die Zulassung von Personen zum Strassenverkehr (Personen-zulassungsverordnung) angezeigt. Die Anpassungen sollen das Prüfungswesen vereinfachen, die beiden Phasen besser aufeinander abstimmen, den praktischen Teil der Ausbildung stärken und die Kosten für die Lenkenden senken.
Grundsätzlich geht es bei der Revision darum, dass die Fahrzeuglenkenden ganzheitlicher befähigt und mit einer grösseren Fahrpraxis als bisher erstmals allein am motorisierten Strassenverkehr teilnehmen.
Hauptaugenmerk auf die Kompetenzen
Neu können Personen, die unter 25 Jahre alt sind, nur dann die praktische Führerprüfung absolvieren, wenn sie mindestens 12 Monate im Besitz des Lernfahrausweises waren und während dieser Zeit Fahrpraxis gesammelt haben. Damit das Mindestalter 18 für den Erwerb des Führerausweises für Personenwagen trotzdem beibehalten werden kann, wird der Lernfahrausweis künftig bereits ab dem 17. Geburtstag erteilt.
Wer die praktische Führerprüfung absolvieren will, muss künftig mindestens zwei Einzellektionen in einer professionellen Fahrschule besucht haben: Da Untersuchungen gezeigt haben, dass viele Automobilistinnen und Automobilisten noch nie eine Vollbremsung durchgeführt haben und diese im Ernstfall nicht beherrschen, wird in einer Stunde das korrekte Vollbremsen erlernt. Die zweite Lektion ist dem energieeffizienten Fahren gewidmet. Das Hauptaugenmerk bei der praktischen Prüfung gilt künftig weniger den Fehlern als vielmehr den Kompetenzen. An der Prüfung wird das Schwergewicht künftig auf das selbständige Erreichen gestellter Ziele und Aufgaben gelegt. Im Vordergrund steht dabei das regelkonforme, sichere und verantwortungsvolle Fahren.
Motorradregeln werden EU-Regeln angepasst
Wer die praktische Führerprüfung in einem Fahrzeug mit Automatikgetriebe absolviert und bestanden hat, darf neu auch handgeschaltete Autos führen und umgekehrt. Die dreijährige Probezeit nach dem Bestehen der praktischen Führerprüfung bleibt bestehen.
Neu müssen die Junglenkerinnen und Junglenker nur noch einen Weiterbildungskurs absolvieren, diesen aber in den ersten sechs Monaten der Probezeit. Bei den Motorrädern werden die Kategorien und Regeln zum Erwerb des entsprechenden Führerausweises den EU-Regeln angepasst. Der Einstieg ins Motorradfahren erfolgt damit künftig nur über die Kategorien A1 (125 cm3) und A2 (bis 35 kW). Der Aufstieg in eine höhere Kategorie ist nur mit Prüfung möglich.
Zulassungsprozedere künftig elektronisch
Der Bundesrat schlägt ausserdem Anpassungen vor, um die administrativen Abläufe zu vereinfachen. Neu soll das ganze Zulassungsprozedere elektronisch abgewickelt werden können. Nur die Anmeldung für den Verkehrskundeunterricht erfolgt noch mit einem Papierformular auf dem Strassenverkehrsamt. Weil die neue Fahrausbildung hohe Ansprüche an die Ausbildenden und Experten stellt, ist zudem geplant, die Qualitätssicherung ausführlicher und konkreter zu regeln. Die Qualitätssicherung beim Nothelferkurs wird den Kantonen übertragen. Die Verordnungsrevision dient zudem dazu, die Vorschriften neu zu ordnen und übersichtlicher darzustellen. 20 Weisungen können gestrichen werden.Die Vernehmlassung zur Revision der Führerausweisvorschriften dauert bis am 26. Oktober 2017.
Tijana Nikolic