Interview mit Urs Rellstab, Economiesuisse
Wieso sind Sie für/gegen die Senkung des Umwandlungssatzes?
Bundesrat, bürgerliche Parteien und Wirtschaft befürworten die Senkung, weil die 2. Säule sicher und stabil bleiben muss. Wenn zu hohe Renten ausbezahlt werden, müssen dies die Erwerbstätigen zahlen. Insbesondere die Jungen sind stark betroffen. Das ist ungerecht.
Welche Vor-/Nachteile ziehen Sie aus dieser Senkung?
In ganz Europa müssen die Rentensysteme an die steigende Lebenserwartung angepasst werden. Die Schweiz ist mit dem 3-Säulen-System gut aufgestellt, aber auch bei uns sind Anpassungen nötig. Die ganze Gesellschaft hat ein Interesse an einem stabilen und sicheren Rentensystem, das sich finanzieren lässt. Es ist falsch, wenn man Renten auf Pump finanziert.
Platzt das 3-Säulen-System der Schweiz bald?
Nein, die Schweiz ist gut aufgestellt. Wir müssen aber die nötigen Anpassungen machen, damit dies auch in Zukunft so ist. Dazu gehört die Senkung des Umwandlungssatzes. Wer vor der steigenden Lebenserwartung und den tieferen Renditeaussichten die Augen verschliesst, handelt fahrlässig und gefährdet die Sicherheit der Renten.
Was bedeutet die Rentensenkung für Jung und Alt?
Bestehende Renten sind nicht betroffen. Wenn die Gewerkschaften pauschal von Rentensenkungen sprechen, so ist dies eine bewusste Falschinformation. Wer heute aus der 2. Säule eine Rente erhält, wird die gleiche Rente auch in Zukunft erhalten. Das ist garantiert. Künftige Renten sinken mit der Senkung des Umwandlungssatzes. Die Jungen haben jedoch ein grosses Interesse daran, weil ohne die Anpassung in Zukunft die Renten nicht finanziert sind.
Wieviel Profit ziehen gewisse Versicherungsgesellschaften aus diesen Renten?
Die Diskussion rund um die Gewinne der Versicherungsgesellschaften ist ein Ablenkungsmanöver der Gewerkschaften. Der Grossteil der 2. Säule wird über Pensionskassen abgewickelt. Zudem sind die Gewinnmöglichkeiten gesetzlich geregelt. Und es ist klar, dass es beim System der 2. Säule administrative Aufwendungen gibt. Für jeden Versicherten wird ein eigenes Konto geführt. Bestimmend für die Höhe des Umwandlungssatzes bleibt die Lebenserwartung und die Erwartung künftiger Rendite. Wer anderes behauptet, erzählt Unsinn.
Das Leben wird teurer, was passiert, wenn die Renten nicht mehr ausreichen?
Im Moment gibt es in der Schweiz praktisch keine Teuerung. Und die künftigen Rentnerinnen und Rentner haben durch das Obligatorium der 2. Säule seit 1985 in den meisten Fällen über lange Jahre Geld in ihre Pensionskasse einbezahlt. Insofern sind die nötigen Kürzungen vertretbar. Nochmals: Bestehende Renten werden entgegen den pauschalen Aussagen der Gegner der Vorlage nicht angetastet. Bei tiefen Einkommen hat das Parlament im Übrigen die Kürzungen bei der ersten Senkung des Umwandlungssatzes abgefedert.
Gibt es einen Rentenverlust nach der Senkung des Umwandlungssatzes? Wenn ja: Wieviel würde man circa verlieren?
Das Kapital, das jemand angespart hat, wird in eine Rente umgewandelt. Weil wir jedoch im Durchschnitt älter werden, muss die Rente im Schnitt länger ausbezahlt werden. Die Reduktion beträgt rund 5%. Erlauben sie zum Schluss einen Vergleich: Wenn wir mit 1000 Franken eine Woche in die Ferien gehen, dann wissen wir, wie viel wir jeden Tag ausgeben dürfen, damit das Budget reicht. Wenn wir unsere Ferien um zwei Tage verlängern, dann ist das schön. Es ist aber jedem sofort klar, dass man bei gleichem Budget pro Tag etwas weniger Geld ausgeben darf. So ist es auch bei der 2. Säule. Und darum empfiehlt sich am 7. März ein JA zur Senkung des Umwandlungssatzes.
Manuela Salamone