Kooperationen von Behörden und Fachdiensten sorgen bei der Prävention und Bekämpfung von Jugendgewalt dafür, dass früher, schneller und nachhaltiger interveniert werden kann
Zu dieser Erkenntnis kommt eine im Auftrag des Programms Jugend und Gewalt erstellte Studie. Anhand von zwölf untersuchten Kooperationsmodellen formuliert der Bericht Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.
Wenn Jugendliche prügeln und gewalttätig werden, äussert sich deren problematisches Verhalten meist auch anderweitig: In der Schule werden die Leistungen schlechter und die Jugendlichen stören den Unterricht, zu Hause sind sie verschlossen und bedrückt oder aggressiv und aufmüpfig. Meist führen Gewalt in der Familie, Perspektivlosigkeit oder ein schlechter Freundeskreis zu diesem Verhalten. Zahlreiche Stellen helfen dann weiter. Greifen Lehrpersonen, Jugendarbeiter, Polizei, Kinderschutzbehörden oder Jugendstaatsanwälte früh, angemessen und vor allem koordiniert ein, kann oft Schlimmeres verhindert werden. Das gesamtschweizerische Präventionsprogramm Jugend und Gewalt wurde vom Bundesrat im Juni 2010 für die Jahre 2011 – 2015 beschlossen. Das Programm beruht auf einer tripartiten Zusammenarbeit zwischen Bund, Kantonen sowie Städten und Gemeinden. Mit dem Programm soll die Grundlage für eine wirksame Gewaltprävention in der Schweiz geschaffen werden. Im Mittelpunkt stehen vier Aktionsschwerpunkte: der Aufbau einer Wissensbasis der Gewaltprävention, das praxisnahe und breite Vermitteln von gesichertem Wissen, die Förderung der Vernetzung der Akteure und die Verbesserung der Zusammenarbeit in den Bereichen Prävention, Intervention und Repression.
Informationsaustausch und Weitergabe von Daten
Zwölf Kooperationsmodelle wurden nun in einer Studie im Auftrag des Präventionsprogramms Jugend und Gewalt untersucht. Die Ergebnisse zeigen, dass im Ereignisfall dank einer eingespielten Zusammenarbeit von Behörden und Fachdiensten schneller und nachhaltiger interveniert werden kann, als wenn die Akteure unabhängig voneinander vorgehen. So haben in Genf Jugendarbeit, Kantonspolizei und Jugenddienst der Stadt den regelmässigen Austausch institutionalisiert und stimmen die Massnahmen im konkreten Fall jeweils miteinander ab. Im Kanton Zürich wurden gute Erfahrungen mit der Kooperation «Interfall» gemacht. Hier koordinieren das Amt für Jugend- und Berufsberatung, das Volksschulamt, der kinder- und jugendpsychiatrische Dienst sowie die Jugendanwaltschaft bei schwierigen Familiensituationen sowie bei auffälligen Kindern und Jugendlichen die Interventionen miteinander. Im schulischen Bereich ist das Früherkennungsmodell von Sarnen ein gutes Beispiel. Die schulinternen Akteure (Schulleitung, Lehrpersonen, Schulsozialarbeit und schulische Heilpädagogik) haben ihr Vorgehen verbindlich geregelt und ebenso, ob, wann und wie externe Akteure wie Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde, schulpsychologischer Dienst, Jugend-/Elternberatung oder Jugendanwaltschaft einbezogen werden, wenn Jugendliche verhaltensauffällig werden.
Flächendeckend existieren solche Kooperationen in der Schweiz bisher aber nicht. Die Autoren sehen die Hindernisse in Bezug auf eine bessere Zusammenarbeit vor allem beim Informationsaustausch und der Weitergabe von personenbezogenen Daten. Die Rechtmässigkeit des Datenaustauschs wird häufig nicht geprüft und entsprechend teilweise eine rechtlich zweifelhafte Praxis in Kauf genommen oder aber der Austausch ganz vermieden. Der Bund prüft deshalb mit Hilfe einer Expertengruppe, wie die aktuell unbefriedigende Situation verbessert werden könnte. Konkrete Vorschläge sollen bis im Sommer 2015 vorliegen und vom Bundesrat verabschiedet werden.