Nicht immer ist es gut, wenn eltern für ihre Kinder entscheiden. Wie im Falle der veganen ernährung. Warum das so ist, erklärt der ethiker rouven Porz in einem gespräch
Eltern ernähren ihre Kinder vegan und verweigern ihnen zusätzliches Vitamin B 12 – aus ideologischen Gründen. Jede Art von Ideologie hat immer etwas Fundamentalistisches. Und alles, was fundamentalistisch ist, ist ethisch bedenklich. Fundamentalistisch bedeutet, dass die Leute sich nicht mehr in andere Perspektiven hineindenken können. Das ist gefährlich. Es geht hier um Kinder, denen wir auch in moralischer Hinsicht verpflichtet sind. Vegane Ernährung ist nicht gut für sie, weder aus medizinisch-wissenschaftlicher noch aus soziologischer Sicht. Immer wieder ernähren Eltern ihre Kinder vegan – also ohne jegliche tierischen Produkte. Dies wird dann zum Problem, wenn sie den Kindern auch zusätzliches Vitamin B 12 verweigern. Solche Kinder seien unterernährt, apathisch und in ihrer Entwicklung verzögert, warnen verschiedene Kinderärzte. Eigentlich müssten die Eltern ihre Kinder gemäss den Werten erziehen, die in der Gesellschaft vorherrschen. Nur dann wissen sie, was sie erwartet, wenn sie das Haus der Familie dereinst verlassen. Das gilt auch für die Ernährung. Beispielsweise auf einem Schulausflug, wenn das Kind mit der ganzen Klasse in einem Restaurant isst. Das Kind ist in diesem Fall nicht auf die Welt sozialisiert, in der es sich zurechtfinden muss. Jedoch will man den Eltern ja nicht dazwischenreden in der Erziehung ihrer Kinder. Aber es gibt Momente, in denen die Eltern nicht für ihre Kinder entscheiden dürfen. Weil sie eben manchmal falsch entscheiden. Die vegane Ernährung ist ein solcher Moment. Sie ist, auch wenn die Eltern das anders sehen, nicht gut für die Kinder. Angenommen, die Eltern vernachlässigen ihre Kinder, dann greift die Gesellschaft ein und nimmt sich der Kinder an, dasselbe geschieht bei sexueller oder körperlicher Gewalt. Die Frage ist also: Welche Handlungen sind so unmoralisch, dass man die Kinder vor ihren Eltern schützen muss? Daher geht die vegane Ernährung in eine solche falsche Richtung. Sie ist unmoralisch. Selbstverständlich dürfen die Eltern nach dem 18. Geburtstag ihrer Kinder gerne versuchen, sie von ihrer Ideologie zu überzeugen. Vielleicht entscheiden sich die Kinder dann ebenfalls für vegane Ernährung, vielleicht auch nicht. Die Vegane Gesellschaft Schweiz VGS) findet es «untragbar, dass durch eine Vernachlässigung die Gesundheit der Kinder aufs Spiel gesetzt wird», wie sie in einer Stellungnahme schreibt. Sie empfiehlt denn auch ausdrücklich, den Kindern zusätzliches Vitamin B 12 abzugeben und mittels Bluttest zu kontrollieren. Gerade im frühen Kinderalter sollte es laut VGS selbstverständlich sein, die Ernährung des Kindes (und während der Stillzeit auch die der Mutter) gut zu planen.
Was genau ist vegane Ernährung?
Eine sehr umfassende Definition ist im Jahr 1944 durch die Gründung der vegan Society von Donald Watson erschienen (Abspaltung von der vegetarien Society) und diese beschreibt den Veganismus sehr genau: „Das Wort ‚Veganismus’ umschreibt eine Philosophie und Lifestyle der versucht – soweit wie es praktikabel und möglich ist – alle Formen der Ausbeutung, und Quälerei, von Tieren für Nahrung, Kleidung oder allen anderen Zwecken auszuschließen. Weiterhin fördert er die Entwicklung und Nutzung von tierfreien Alternativen für die Unterstützung der Tiere, einschließlich Menschen und Umwelt. Im Diät-Begriff bedeutet das, den Verzicht auf alle Produkte die ganz oder nur teilweise von Tieren stammen.“ Im Veganismus wird nichts von Tieren gegessen: Kein Fleisch von Tieren, keine Milchprodukte und keine Eier. Der Veganer isst keine Lebensmittel die aus Tieren gewonnen werden. Der von Donald Watson geprägte Begriff „vegan“, im Sinne seiner Schöpfung, umfasst jedoch viel mehr als das einfache Weglassen von tierischen Produkten. So werden auch keine Tierhaare und Leder (Kleidung) getragen oder benutzt, keine Zoos oder Tierausstellungen besucht (Leid der Tiere) und auch keine Tiere gehalten. Tijana nikolic Passagen aus: Tagesanzeiger