Mit seinem Film «Eine unbequeme Wahrheit» hat der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore 2006 eine Debatte über die Klimaerwärmung und ihre Folgen losgetreten
Läuft alles wie geplant, wird bald ein neuer Film über den Klimawandel zu sehen sein; anders als bei Al Gores Streifen ist der Fokus allerdings kein globaler, sondern ein regionaler. So sollen Einheimische und Touristen dokumentiert erhalten, wie der Klimawandel die Landschaft im Raum Davos verändert hat. Laufen soll der Streifen ab 2016 in öffentlichen Verkehrsmitteln und Bergbahnen von Davos. «Das Projekt hat zum Ziel, die Bevölkerung für die Folgen des Klimawandels zu sensibilisieren», sagt Thomas Probst, der beim Bundesamt für Umwelt (Bafu) für das Projekt zuständig ist. Die Federführung liegt laut Bafu bei der Gemeinde Davos. Das Projekt kostet gemäss Informationen von Tagesanzeiger.ch/Newsnet rund 100’000 Franken, wovon der Bund die Hälfte übernimmt.
Das Bafu will sich dazu nicht äussern. Bei der Gemeinde Davos war der mit dem Dossier vertraute Experte nicht erreichbar. Bürgerliche Energiepolitiker bewerten das Engagement des Bundes skeptisch. «Ich erwarte, dass der Film wissenschaftlich fundiert daherkommt und nicht einfach Politik damit gemacht wird», sagt FDP-Nationalrat Christian Wasserfallen. Bei Al Gores Film war just dieser Anspruch nicht erfüllt, wie Kritiker monieren. Sie werfen Gore vor, mit einseitigen oder übertriebenen Darstellungen der Klimaentwicklung Alarmismus zu betreiben. Zurückhaltend äussern sich Politiker aus dem rot-grünen Lager. Bastien Girod (Grüne) sagt, er könne «aus der Ferne» nicht abschätzen, ob der Support des Bundes für den Film sinnvoll sei. In einem grösseren Kontext betrachtet, hält er es aber für richtig, den Klimawandel mit präventiven Massnahmen zu bekämpfen. Das Bafu seinerseits versichert, die Fakten im Film würden wissenschaftlich korrekt dargestellt.
Pilotprogramm des Bundes
Der Davoser Klimafilm ist Teil eines Pilotprogrammes des Bundes. Ziel ist es, in den Kantonen, Regionen und Gemeinden Projekte zur Anpassung an den Klimawandel anzustossen und mit finanzieller Hilfe des Bundes umzusetzen. Verschiedene Bundesämter wollen so die Zusammenarbeit, Koordination und den Wissenstransfer unter den involvierten Akteuren verbessern. Vor diesem Hintergrund hat der Bundesrat am Mittwoch den zweiten Teil seiner Strategie zur Anpassung an den Klimawandel verabschiedet. Dieser enthält 63 Massnahmen – zum Beispiel das Vorhaben, die Jungwaldpflege den Herausforderungen durch das künftige Klima anzupassen. Zudem sollen für die Schweiz fundierte Klima- und hydrologische Szenarien erarbeitet sowie die Chancen und Risiken des Klimawandels landesweit möglichst umfassend analysiert werden. «Der Aktionsplan soll sicherstellen, dass die Schweiz auf die Klimaerwärmung vorbereitet ist», sagt Roland Hohmann von der Abteilung Klima im Bafu. Nebst dem Davoser Klimafilm sind weitere Projekte aufgegleist. 105 Anträge aus der ganzen Schweiz sind beim Bafu eingegangen, 31 Projekte im Umfang von rund 7 Millionen Franken haben das Amt im Departement von Umweltministerin Doris Leuthard (CVP) und weitere Bundesämter ausgewählt.
Der Bund übernimmt jeweils die Hälfte der Kosten, den Rest müssen die Kantone, Gemeinden oder Verbände tragen. Die Projekte sollen nicht nur wie in Davos der Sensibilisierung dienen, sondern auch neue Erkenntnisse liefern – etwa im Umgang mit Naturgefahren oder lokaler Wasserknappheit. So wollen beispielsweise Umweltfachleute der Kantone NW, OW, UR, SZ und LU rund um den Vierwaldstättersee herausfinden, wo in Zukunft das Wasser knapp werden könnte, und eine entsprechende Karte dazu erstellen. Dies soll helfen, mögliche Engpässe bei der Wasserversorgung frühzeitig zu erkennen und Gegenmassnahmen einzuleiten. Die ersten Projekte laufen seit Januar, bis Ende 2016 sollen alle abgeschlossen sein. Spätestens 2019 wird der Bundesrat darüber entscheiden, wie der Bund bei der Anpassung an den Klimawandel weiter vorgehen soll.