Die vom Bund angewandten statistischen Modelle sind aus wissenschaftlicher Sicht anerkannt und geeignet, um Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern zu messen
Alle zwei Jahre erstellt das BFS eine nationale Statistik, um Lohnniveaus und Lohnunterschiede auf nationaler Ebene zu messen. Die Studie kommt zum Schluss, dass die bislang vom Bund verwendete statistische Methode wissenschaftlich anerkannt ist. Entsprechend den wissenschaftlichen und internationalen Normen bildet sie den Anteil der einzelnen Faktoren gut ab. Weil sich die aktuelle Methode am Mittelwert orientiert, können die Ergebnisse allerdings von sehr hohen oder tiefen Löhnen beeinflusst sein. Der Bundesrat beauftragt das Eidgenössische Departement des Innern für die nationale Statistik bis Ende Juni 2017 weitere statistische Methoden vertieft zu prüfen, welche sich unter anderem am Medianwert anstatt am Mittelwert orientieren. Die drei im Postulat genannten weiteren Faktoren Weiterbildungen, Sprachkenntnisse und Führungserfahrung sollen nicht in das Analysemodell der nationalen Statistik aufgenommen werden. Ihr zusätzlicher Erklärungsgehalt ist tief und eine zuverlässige Erhebung der dafür notwendigen Informationen kann nicht gewährleistet werden. In Bezug auf die Faktoren Beschäftigungsgrad in der Berufskarriere (tatsächliche Berufserfahrung) und Arbeitszeitmodelle sowie physische und psychische Belastungen soll vertieft geprüft werden, ob die dafür notwendigen Informationen administrativen Registern entnommen werden könnten.
Verbesserung der Aussagekraft
Der Bericht wurde zur Beantwortung des Postulats von Ruedi Noser „Erhebung zur Lohngleichheit. Verbesserung der Aussagekraft” erarbeitet. Mit dem Postulat wurde der Bundesrat beauftragt, die statistischen Messmodelle der Lohnungleichheit und mögliche zusätzliche Faktoren für Lohnunterschiede zu überprüfen. Weiter sollte die Eignung des Mittelwerts als Indikator für Lohnunterschiede untersucht werden. In seinem Bericht stützt sich der Bundesrat auf eine von der Universität St. Gallen und dem Forschungsbüro INFRAS erstellte Studie sowie eine repräsentative Umfrage bei Unternehmen. In der Studie wurden zwei statistische Modelle untersucht: das Analysemodell der nationalen Statistik des Bundesamtes für Statistik BFS (nationale Ebene) und das Standard-Analysemodell des Bundes (betriebliche Ebene), auf welchem das vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann EBG entwickelte Selbsttestinstrument Logib basiert.
Lohngleichheit zwischen Frau und Mann ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Anliegen. Dementsprechend wichtig sind auch das Verständnis für die methodische Ermittlung von Lohnungleichheit sowie die stetige Weiterentwicklung der Methodik anhand aktueller Erkenntnisse. Eine möglichst realitätsnahe Herleitung der mutmasslichen Unterschiede ist deshalb von zentraler Bedeutung. So gilt es, bei der Berechnung der Lohnungleichheit künftig auch essenzielle Kriterien wie Berufs- oder Führungserfahrung, Weiterbildungen, Sprachkenntnisse oder den Beschäftigungsgrad in der Berufskarriere zu berücksichtigen. Diese bleiben bei der Feststellung der Diskriminierung heute unberücksichtigt, obwohl sie einen nicht zu vernachlässigenden Einfluss auf die Ermittlung der Lohnungleichheit haben dürften. Zudem ist davon auszugehen, dass die Berücksichtigung der Extremwerte aller ausbezahlten Löhne im Rahmen der Ermittlung des Mittelwerts die Aussagekraft des Lohnvergleichs von Frau und Mann verfälscht. Es liegt deshalb auf der Hand, künftig die Berechnung auf Basis des Medianwerts vorzunehmen. Insbesondere besteht ansonsten das Risiko, dass wenige Spitzensaläre die Diskriminierungsstatistik zu stark von der Realität abweichen lassen.
Diskriminierungspotenzial
Auf einer vergleichbaren statistischen Methode basiert das Standard-Analysemodell des Bundes, welches andere Ziele verfolgt. Damit ermittelt der Bund im Rahmen der Kontrollen im Beschaffungswesen des Bundes systematische Lohndiskriminierungen auf betrieblicher Ebene. Das Modell unterscheidet sich insofern vom Analysemodell der nationalen Statistik, als dass es nur Faktoren berücksichtigen kann, welche objektiv und diskriminierungsfrei angewendet werden können. In der Umfrage beurteilte eine Mehrheit der befragten Unternehmen das Standard-Analysemodell des Bundes als geeignet. Sie schätzen dabei insbesondere die einfache Anwendung des Analyseinstruments Logib. Von 2‘712 zur Befragung eingeladenen Unternehmen antworteten 1‘305 (48%). Es wurden zudem 50 Unternehmen vertieft befragt und 26 Interviews mit Lohnexpertinnen und -experten geführt.
Der Bundesrat kommt zum Schluss, dass die gegenwärtig verwendete statistische Methode auf betrieblicher Ebene wissenschaftlich und juristisch anerkannt und deshalb beizubehalten ist. Eine Ergänzung der Statistik mit zusätzlichen Faktoren zur Rechtfertigung von Lohnunterschieden wie im Postulat gefordert, wäre im Vergleich zu deren zusätzlichem Erklärungsgehalt mit einem unverhältnismässig hohen Mehraufwand für die Unternehmen verbunden. Einzelne Faktoren weisen zudem ein Diskriminierungspotenzial auf. Ebenso soll an der im Standard-Analysemodell verwendeten Toleranzschwelle von 5 Prozent festgehalten werden. Diese trägt dem potenziellen Einfluss möglicher unternehmensspezifischer, nichtdiskriminierender Faktoren Rechnung.