Künftig soll für die Überprüfung der Preise kassenpflichtiger Arzneimittel neben dem Vergleich mit den Preisen im Ausland immer auch ein Kosten-Nutzenvergleich mit anderen Arzneimitteln vorgenommen werden
Zwischen 2012 und 2014 hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bei den Medikamenten Einsparungen von rund 600 Millionen Franken erzielt. Bei rund 1500 Arzneimitteln, die sich auf der Spezialitätenliste (SL) befinden und von der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP, Grundversicherung) vergütet werden, wurde nach der Überprüfung auf ihre Wirtschaftlichkeit eine Preissenkung verfügt. Einzelne Pharmaunternehmen haben gegen die Preissenkungen rekurriert.
Das Bundesgericht stellte im Dezember 2015 als letzte Instanz fest, dass eine Überprüfung der Wirtschaftlichkeit einzig mittels Auslandpreisvergleich nicht zulässig ist und durch einen Kosten-Nutzen-Vergleich breiter abgestützt werden muss. Dieser sogenannte therapeutische Quervergleich mit Arzneimitteln, die zur Behandlung derselben Krankheit eingesetzt werden können, muss laut Urteil des Bundesgerichts sowohl bei der Preisfestsetzung als auch bei der Überprüfung der Preise berücksichtigt werden. Zudem stellte das Bundesgericht auch fest, dass nicht nur die Wirtschaftlichkeit, sondern auch die Wirksamkeit und Zweckmässigkeit aller Arzneimittel der SL regelmässig überprüft werden müssen.
Zusätzliche kosteneinsparende Massnahmen
Der Bundesrat hat das EDI beauftragt, die Einführung eines Referenzpreissystems für die patentabgelaufenen Arzneimittel (Originalpräparate und Generika) vorzubereiten. Die dazu notwendige Gesetzesänderung dürfte jedoch nicht vor 2019 in Kraft treten.
Da Generika in den europäischen Referenzländern nach wie vor durchschnittlich um bis zu 50 Prozent günstiger sind als in der Schweiz, sieht der Bundesrat bereits im Rahmen der laufenden Verordnungsanpassungen zusätzliche kosteneinsparende Massnahmen für diesen Bereich vor. So sollen die Generika im Vergleich zum Originalpräparat günstiger werden. Dabei gilt: je höher der Umsatz des Originalpräparats ist, desto grösser muss der Preisabstand für die Generika sein. Auch die Kriterien des differenzierten Selbstbehalts sollen angepasst werden.
Das BAG geht aufgrund von Schätzungen der Pharmabranche davon aus, dass in den nächsten drei Jahren zusätzliche Einsparungen von bis zu 80 Millionen möglich sind.
Der Entscheid des Bundesgerichts verlangt eine Anpassung der Verordnungsbestimmungen, die der Bundesrat nun bis am 6. Oktober 2016 in die Vernehmlassung gibt.
Künftig sollen der Auslandpreisvergleich und der therapeutische Quervergleich jeweils bei sämtlichen Preisüberprüfungen von kassenpflichtigen Arzneimitteln einbezogen und gleichwertig gewichtet werden. Die periodische Überprüfung soll im Jahr 2017 wieder aufgenommen werden, nachdem sie wegen des Urteils des Bundesgerichts ausgesetzt wurde. Vorgesehen ist, künftig erneut jährlich jeweils rund einen Drittel der Arzneimittel der SL zu überprüfen, was in den nächsten drei Jahren zu Einsparungen von rund 180 Millionen Franken führen dürfte.
Die Spezialitätenliste
Der Bundesrat will zudem die Bestimmungen anpassen, welche die Vergütung von Arz-neimitteln im Einzelfall betreffen. Bereits bisher war geregelt, unter welchen Umständen Arzneimittel von der OKP vergütet werden, die sich nicht auf der Spezialitätenliste befin-den, nicht zur Vergütung einer bestimmten Krankheit vorgesehen oder von Swissmedic nicht zugelassen sind (sogenannter off-limitation-use oder off-label-use). Eine Vergütung in diesen Fällen ist möglich, wenn keine andere wirksame und zugelassene Therapie zur Verfügung steht und die Krankheit tödlich verlaufen oder schwere und chronische gesundheitliche Beeinträchtigungen nach sich ziehen kann.
Der behandelnde Arzt muss jeweils ein Gesuch um Kostengutsprache einreichen, über das der Krankenversicherer nach vorgängiger Konsultation des Vertrauensarztes entscheidet. Neu soll dieser Entscheid innerhalb von zwei Wochen fallen.
Wie bisher bestimmt der Krankenversicherer, zu welchem Preis das Arzneimittel vergütet wird, neu vergütet er aber höchstens neunzig Prozent des Preises auf der Spezialitätenliste. Für importierte Arzneimittel wird der effektive Preis vergütet. Neu wird auch klarer geregelt, dass die Pharmaunternehmen bei der Preisfestlegung mitwirken müssen.
Die Anpassungen sind Teil der Umsetzung des nationalen Konzepts Seltene Krankheiten, das unter der Federführung des Bundesamts für Gesundheit (BAG) für betroffene Menschen eine medizinische Betreuung von hoher Qualität sicherstellen will.
Tijana Nikolic