Bei den Datumsbezeichnungen herrscht ein Durcheinander. Auf Druck des Bundes bemühen sich die Detailhändler jetzt darum, die Bezeichnungen zu vereinfachen
Die Vereinfachung bei den Ablaufdaten begrüsst Dominique Senn, Projektleiterin des Vereins Foodwaste.ch: «Für Konsumenten ist es schwierig, diese Bezeichnungen zu unterscheiden, sodass Lebensmittel zu schnell weggeschmissen werden.» Allerdings sei ein markanter Teil der verschwendeten Lebensmittel gar nicht mit einem Datum versehen. «Oft wandern auch Gemüse, Früchte oder Kochreste in die Abfallkübel.» In der Schweiz geht laut einer Studie von Foodwaste.ch und WWF ein Drittel der für Menschen produzierten Lebensmittel verloren – das entspricht zwei Millionen Tonnen oder einer Lastwagen-Kolonne von Zürich bis Madrid, die grössten Verluste gibt es bei Frischgemüse, Kartoffeln und Brot. 45 Prozent der Verluste fallen bei den Haushalten an – also 320 Gramm pro Person und Tag.Damit schmeisst jeder Haushalt jährlich Lebensmittel im Wert von 500 bis 1000 Franken unnötigerweise weg.
Zu grosse Portionen für Singlehaushalte
Handlungsbedarf SEHEN Politiker und Experten denn auch nicht nur bei der Beschriftung, sondern bei den Packungsgrössen – immerhin gibt es in der Schweiz mittlerweile 1,26 Millionen Single-Haushalte. «Ich erhalte viele Zuschriften von Leuten, die sich darüber beklagen, dass die Packungen für sie zu gross sind und sie Lebensmittel wegwerfen müssen», sagt etwa Grünen-Nationalrätin Aline Trede. Als Beispiele nennt sie gerüsteten Salat oder Ofenlasagne. Gemäss Studien sind schätzungsweise 20 bis 25 Prozent der Lebensmittelabfälle auf das Verpackungsdesign zurückzuführen. Dieser Problematik ist auch die Nationalrätin Tiana Angelina Moser (Grünliberale) bewusst. Eine Lösung sieht sie wie Trede darin, dass Produkte wieder vermehrt offen angeboten werden. «Auch kleinere Verpackungsgrössen könnten Foodwaste verhindern, allerdings muss man dann schauen, dass man nicht unnötig mehr Abfall produziert.» SVP-Nationalrat Markus Hausammann sieht das Problem auch in Multipack-Aktionen und Mengenrabatten auf Grosspackungen bei verderblichen Waren. «Die Leute werden so dazu verleitet, viel zu viel einzukaufen.» Es ergebe keinen Sinn, solche Aktionen anzubieten, wenn die Lebensmittel am Schluss nicht gegessen würden.
Verpackungen optimieren
Selçuk Yildirim, Professor für Lebensmittel- und Verpackungstechnologie an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW), sieht sie Hersteller in der Pflicht, die Grössen der Verpackungen an den gesellschaftlichen Wandel anzupassen: «Da es immer mehr Einpersonenhaushalte gibt, werden kleinere Verpackungsgrössen nachgefragt.» Laut Yildirim werden tendenziell vor allem Frischwaren, etwa Fleisch oder Brot, aber auch Karotten, in zu grossen Portionen angeboten. «Das Potenzial zur Verhinderung von Foodwaste durch optimierte Verpackungen ist noch nicht ausgeschöpft.» Dies gelte besonders für Online-Supermärkte, wo Frischprodukte oft nur in grösseren Portionen erhältlich seien. Die Detailhändler machen dafür logistische Gründe geltend. An der ZHAW denkt man derweil bereits einen Schritt weiter. Yildirim nennt sogenannt intelligente Verpackungen, die mit dem Konsumenten kommunizieren können. «Viele werfen Produkte weg, weil sie unsicher sind, ob sie noch geniessbar sind. Eine Anzeige könnte hier helfen», sagt Yildirim. So würden Technologien entwickelt, die dem Konsumenten verdächtige Gas- oder Säurebildung in der Packung anzeigten. Zudem wird an der ZHAW an Verpackungen geforscht, die den Sauerstoff im Innenraum absorbieren und so zur längeren Haltbarkeit beitragen.