Noah und Emma befinden sich zum wiederholten Mal zuoberst auf der Liste der beliebtesten Vornamen
Derzeit ist bei den Schweizern kein Name so beliebt wie Noah. Seit 2013 ist er der am meisten gewählte Vorname für neugeborene Knaben. Letztes Jahr erblickten 490 Noahs das Licht der Welt, während der Name noch in den 80er-Jahren nur äusserst selten ausgewählt wurde. Ähnlich verhält es sich mit Mia, dem zweitbeliebtesten Vornamen für Mädchen. Letztes Jahr entschieden sich insgesamt 420 Elternpaare für diesen Vornamen, der bis in die späten 90er-Jahre nur vereinzelt vergeben wurde.
Wo sind Peter, Hans oder Urs?
Nach Peter, Hans oder Urs sucht man in der momentanen Namens-Hitparade vergebens. Wo sind diese einst so beliebten Vornamen geblieben? Während 1960 in der Schweiz insgesamt 1103 Knaben Urs getauft wurden, waren es 2016 noch 6. Um das weibliche Pendant von Urs steht es noch schlechter: Ursula wurde zuletzt 2003 für ein Mädchen ausgewählt, der Vorname ist heutzutage also verpönt, während im Jahr 1948, also vor genau 70 Jahren, insgesamt 1287 Mädchen den Namen Ursula erhielten. Auch Rosmarie oder Sandra befinden sich auf dem Abstellgleis der Namen.
Nicht generationsgetreu
Wie fühlt es sich eigentlich an, wenn der eigene Vorname den Trends widerspricht? «Leute, mit denen ich zuerst nur Mail-Kontakt hatte, sind oft überrascht, wenn sie mich dann zum ersten Mal sehen. In der Regel erwarten sie eine deutlich ältere Person», sagt der 27-jährige Urs. Er selber mache sich kaum Gedanken über seinen Vornamen, höchstens im Gespräch mit anderen. Und wenn er an einer Party teilnehme, wüssten am Ende alle seinen Namen, da er in seiner Generation so ungewöhnlich sei.
Urs wird nicht mehr populär
Als Urs seine Eltern früher einmal auf seinen «alten» Vornamen angesprochen habe, hätten diese besorgt erwidert, ob der Name ihn belaste. Sein Vorname sei für ihn aber alles in allem völlig in Ordnung, er sei halt einfach nicht so modern. «Ich kann mir nicht vorstellen, dass mein Vorname in nächster Zeit wieder populär wird, und würde auch meinen Sohn nicht so taufen», sagt der 27-Jährige.
Weich klingende Namen beliebt
Momentan seien vorwiegend weich klingende, ein- oder zweisilbige Vornamen in Mode. Dieser Trend zeichne sich nicht nur in der Schweiz ab, auch in Deutschland und Österreich seien entsprechende Babynamen gerade besonders häufig, wie die Namensforscherin Simone Berchtold Schiestl von der Universität Zürich erklärt. Die Bedeutung eines Vornamens oder dessen Herkunft aus der Bibel seien für die Eltern bei der Auswahl weniger ausschlaggebend, wichtiger seien häufig Klang, Länge und die Idee, dass der Vorname zum Nachnamen passe.
Weitere Trends schwer vorherzusagen
Auch wenn es kaum möglich sei, heute vorauszusagen, welche Vornamen in zwanzig Jahren besonders beliebt sein werden, gebe es eine typische Verlaufskurve, sobald ein Name in Mode komme, sagt Berchtold Schiestl: «Ein Vorname kann sich zehn bis fünfzehn Jahre lang unter den Spitzenreitern befinden, nach dem Zenit erfolgt in der Regel der Rückgang.» Mit Vornamen verhalte es sich ähnlich wie mit Kleidung: «Irgendwann ist die Mode vorüber und etwas Neues wird populär.» Eltern würden einen Namen mittelfristig ausschliessen, wenn sie diesen zu oft gehört hätten. Wie das Beispiel von Emma zeige, könne es aber durchaus sein, dass ein Name nach ein paar Jahrzehnten ein Revival erfahre.
Grosse, kulturelle Bandbreite zum Ideen schöpfen
«Im Verhältnis zu den Geburtenzahlen gibt es heute eine so grosse Namensvielfalt wie noch nie», sagt die Namensforscherin. Durch die Globalisierung und das Reisen ist die kulturelle Bandbreite, aus der Eltern Namensideen schöpfen können, stark gewachsen. Nachbenennungen, wie sie lange üblich waren, seien heute tabu. «Das Kind einfach so zu nennen, wie ein Eltern- oder Grosselternteil heisst, widerspricht der heutigen Individualisierung», so Berchtold Schiestl.
T.N.