Junge ticken politisch wieder linker. Doch auch konservative Werte liegen im Trend. Jedoch nur sechs Prozent der heutigen Jugendlichen engagiert sich in einer politischen Partei
Politische Themen brennen den 16- bis 25-Jährigen wieder unter den Nägeln: So wollen 60 Prozent die Umwelt schützen, 48 Prozent Ungerechtigkeiten in der Welt bekämpfen, knapp 40 Prozent benachteiligten Menschen helfen. Das zeigt das Jugendbarometer 2016 der Credit Suisse. Lukas Golder, Studienautor und Co-Leiter des Instituts GFS Bern, erklärt die «Politisierung» der Jungen damit, dass man in wirtschaftlich unsicheren Zeiten die Zukunft von morgen mitgestalten wolle. Etwa bei der Reform der Altersvorsorge: «Jugendliche merken, dass sie einfach übergangen werden, wenn sie nicht für ihre Interessen einstehen.»
Links und Militär sind in
Bei den Jüngeren finden SVP, SP und Grüne starken Anklang. Nach wie vor im Trend sind auch nationalistisch-konservative Werte. So gilt bei den Angehörigen der Generation Z, also den nach 2000 geborenen, das Militär als «in». Trotzdem tickt die Jugend wieder etwas linker: 32 Prozent ordnen sich auf der Skala dem linken Spektrum zu – 4 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr. 29 Prozent bezeichnen sich als rechts. In der Mitte sehen sich 12 Prozent. Die übrigen Befragten liessen sich nicht einordnen. Dass das Pendel nach links zurückschwingt, erstaunt Golder nicht: «Eine linke Jugend ist eigentlich der Normalfall. Im Laufe des Lebens rücken dann viele leicht nach rechts.» Sich effektiv in einer Partei für ihre Anliegen engagieren wollen nur wenige: Sechs Prozent gaben an, Mitglied einer Partei zu sein. Jeder Zweite sagt, Parteien seien out. Laut Golder bringt das Engagement in der Partei zu viele Verpflichtungen mit sich. «Junge lassen sich für Spontanaktionen begeistern – das Engagement geht sicher über ein blosses Liken auf Facebook hinaus.» Doch traditionelle Parteien seien häufig zu starr für die «spontane und agile» Jugend, so Golder. Politik sei sicher nicht unwichtig, geniesse aber nicht höchste Priorität.
Staatskunde-Unterricht an den Schulen gefordert
Jungparteien und Jugendparlamente versuchen Junge mit allen Mitteln in die Politik zu locken. Die Junge CVP forderte vor einiger Zeit gar Staatskunde-Unterricht an den Schulen, um Junge mit dem politischen System vertraut zu machen. Juso-Präsidentin Tamara Funiciello spricht sich für das Stimmrechtsalter 16 aus: «Je früher Junge mitbestimmen können, desto eher werden sie mit dem Politik-Virus infiziert.» Es sei wichtig, dass sich möglichst viele beteiligen, allerdings ist es auch eine Illusion zu glauben, alle müssten sich für Politik interessieren, sagt Funiciello. Die Juso jedenfalls verzeichne steigende Mitgliederzahlen. «Die Kapitalismuskritik ist gefragter als auch schon.» Gemäss Benjamin Fischer, Präsident der Jungen SVP, war es schon immer schwierig, Junge zum Mitmachen zu bewegen. Aber: «Unser politisches System ist die Grundlage unseres Wohlstandes. Es lebt davon, dass alle daran teilnehmen.»
T.N.