Das Recht des Kindes auf Unterhalt soll gestärkt werden, und zwar unabhängig vom Zivilstand seiner Eltern. Nach dem Sorgerecht will der Bundesrat nun auch das Unterhaltsrecht modernisieren
Er hat dazu am letzten Mittwoch eine Reihe von Gesetzesänderungen in die Vernehmlassung geschickt. Diese Änderungen sollen die Situation des Kindes verbessern, die Last für den betreuenden Elternteil mildern und einen Ausgleich zwischen beiden Elternteilen ermöglichen. Die Vorlage ist Teil der laufenden Neuregelung der elterlichen Verantwortung. Wie schon mit der Botschaft zur elterlichen Sorge will der Bundesrat nun auch beim Unterhaltsrecht das Wohl des Kindes konsequent ins Zentrum stellen. Für eine harmonische Entwicklung ist das Kind nämlich nicht nur darauf angewiesen, dass es auf eine gute Beziehung zu beiden Elternteilen zählen kann. Das Kind braucht auch verlässliche Betreuungsverhältnisse und finanzielle Sicherheit. Der Bundesrat schlägt nun vor, dass der Unterhaltsbeitrag für das Kind künftig auch die Kosten beinhaltet, die bei der Betreuung des Kindes durch einen Elternteil entstehen. Bei Kindern von Eltern, die nicht verheiratet waren, war dies bislang nicht möglich. Diese Diskriminierung soll beseitigt werden. Das Kind selbst hätte damit künftig also Anspruch auf einen Unterhaltsbeitrag, der auch die Kosten seiner Betreuung durch einen Elternteil umfasst – und zwar unabhängig vom Zivilstand der Eltern. Zudem soll der Unterhaltsanspruch des Kindes künftig gegenüber allen anderen Unterhaltsansprüchen Vorrang haben, also etwa gegenüber dem Ehegattenunterhalt oder dem Unterhalt Mündiger. Der Bundesrat will ferner die Position des Kindes in so genannten Mankofällen stärken, also wenn nach einer Trennung die Mittel schlicht nicht für zwei Haushalte reichen. In diesen Fällen erhält das Kind einen neuen Rechtsanspruch, falls sich die finanzielle Situation des unterhaltspflichtigen Elternteils ausserordentlich verbessert. Der unterhaltspflichtige Elternteil soll in diesem Fall die allfällige Differenz zwischen dem nachzahlen, was er in den letzten fünf Jahren tatsächlich an Unterhaltszahlungen leisten konnte und dem, was dem Kind an Unterhalt eigentlich gebührt hätte. Die Höhe dieses gebührenden Unterhalts muss deshalb künftig im Entscheid über den Unterhalt zwingend festgehalten werden. Dieser Anspruch geht auf das Gemeinwesen über, falls dieser via Sozialhilfe für das Kind aufgekommen ist. Das Kind soll seinen Unterhaltsanspruch künftig auch besser durchsetzen können, wenn ein unterhaltspflichtiger Elternteil seiner Pflicht nicht nachkommt. Zwar gewähren die Kantone dem Kind und der betreuenden Person schon heute Hilfe beim Inkasso, ihre Praxis ist jedoch uneinheitlich. Der Bundesrat will diese Inkassohilfe vereinheitlichen. Der Vorentwurf schlägt daher vor, dem Bundesrat die Kompetenz zum Erlass einer entsprechenden Verordnung zu erteilen. Diese Verordnung soll den Inkassostellen einen verbindlichen Leistungskatalog vorgeben.
In Mankofällen kommt bereits heute die Sozialhilfe zum Zug, die Sache der Kantone ist. Es ist der betreuende Elternteil, der in diesen Fällen Leistungen der Sozialhilfe in Anspruch nehmen muss. Gegebenenfalls müssen ihn seine Verwandten unterstützen, und er muss die Beiträge der Sozialhilfe zurückzahlen, wenn sich seine Einkommenssituation verbessert.
Nach der geltenden Praxis der Kantone bekommt hingegen der unterhaltspflichtige Elternteil keine Sozialhilfebeiträge, um seinen Unterhaltspflichten nachzukommen. Der Bundesrat schlägt nun Regelungen vor, welche in einer solchen Mankosituation die Last für den unterhaltsberechtigten Elternteil mildern und zu einem Ausgleich zwischen den beiden Elternteilen führen. Zum einen will der Bundesrat, dass die Verwandten des unterhaltsberechtigten Elternteils nicht mehr zur Unterstützung verpflichtet werden können. Zum andern schlägt er vor, das geltende Recht so zu ändern, dass der Unterhaltsberechtigte dem Staat die Sozialhilfeleistungen für das Kind nicht zurückerstatten muss.
Verena, 22, Betroffene:
„Ich finde dies, eine super Sache und befürworte es total. Ich finde, Kinder kommen schon zu kurz zum Teil, soweit ich das beurteilen kann aus Geschichten von Betroffenen. Es ist schon an der Zeit, dass man da genau hin schaut und dafür sorgt, dass die Kinder ihr Geld bekommen.
Ich bin teilweise selber davon betroffen. Meine Eltern sind geschieden und ich blieb nach der Scheidung bei meinem Vater. Der hat für mich und meine Schwester gesorgt. Ich hatte eine Ausbildung begonnen nach der Schule, aber habe sie dann abgebrochen, weil es mir nicht gefiel. Danach fing ich an zu studieren. Zuerst an einer teuren Fachhochschule. Mein Vater bezahlte mir die ersten drei Semester und zusätzlich einen Sprachaufenthalt in England. Meine Mutter hatte all die Jahre schon Unterhalt bezahlt, aber nichts für die Ausbildung. Und gesetzlich sind sie dazu verpflichtet, weil es ja meine Erstausbildung ist. Mein Vater konnte meine Schulung mit der Zeit nicht mehr finanzieren. Er ärgerte sich auch, dass meine Mutter nichts dazu beisteuerte und sich elegant aus der Schlinge zog. Ich wechselte dann an eine stattliche Schule, die viel günstiger ist. Mein Vater war dann plötzlich so verärgert, dass er wollte, dass ich ausziehe.
Ich habe auch mit meiner Mutter geredet wegen der Finanzierung. Sie gab mir dann ein Darlehen im Wert von ein paar Tausend Franken, welches ich ihr nach fünf Jahren zurückzahlen sollte. Ich fand das mit der Zeit unerhört und fing an mich über meine Rechte zu informieren. Zum Glück hat das Sozialamt mir geholfen und meine Eltern zu einem Gespräch eingeladen, bei dem ihnen ausdrücklich erklärt wurde, dass sie durchaus verpflichtet sind zu zahlen, wenn es sich um eine Erstausbildung handelt. Dies tun beide jetzt auch brav.
Es war jedoch schon sehr derb für mich, meine eigenen Eltern quasi dazu zu zwingen durch das Sozialamt, aber anders ging es leider nicht. Mittlerweile läuft es schon viel besser mit ihnen. Sie haben eingesehen was sie falsch gemacht haben. Ich denke eben, dass es vielen Kindern oder Jugendlichen so geht, diese sich aber oft nicht trauen für ihre Rechte zu kämpfen.“