Die Tage und Wochen vor Weihnachten gehören im Detailhandel mit zur wichtigsten Phase des Jahres. Das Weihnachtsgeschäft ist dieses Jahr generell eher langsam angelaufen
Ein nicht unerheblicher Teil des Umsatzes wird in dieser Zeit erwirtschaftet. «Bei vereinzelten kleinen Geschenkboutiquen etwa machen die Monate November und Dezember bis zu 30 Prozent des Jahresumsatzes aus», sagt Philipp Arnold von der Wincasa, Centerleiter des Zentrums Regensdorf. Das Jahr 2015 wird im Detailhandel aber wohl nicht als glanzvolles Beispiel in Erinnerung bleiben. «Im Zentrum Regensdorf verzeichneten wir im November im Vergleich zum Vorjahr beim Umsatz ein Minus von 5 Prozent, obwohl wir etwa gleichviele Besucher zählten, wie im letzten Jahr», sagt Arnold. «Und mit diesem Ergebnis stehen wir noch besser da, als der Durchschnitt der Schweizer Einkaufszentren.»
Das Wetter ist schuld
«Wegen des Wetters ist man noch nicht so richtig in Weihnachtsstimmung gekommen», sagt Arnold. Dadurch verlagere sich das Weihnachtsgeschäft näher an die Festtage. «Wenn es schneit und kalt ist, kaufen Leute ihre Geschenke oft schon einige Woche vor Weihnachten. Ist es allerdings warm, wird später gekauft, nämlich dann, wenn die Leute merken, dass ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt.» Arnold hofft nun, dass an den Sonntagsverkäufen am 20. und am 27. Dezember nochmals zwei starke Tage für das Zentrum Regensdorf werden. Neben dem Wetter hat der Detailhandel aber auch noch mit einigen anderen Faktoren zu kämpfen. «Generell spüren wir den schwachen Euro und den Einkaufstourismus. Im Unterland ist man in etwa 20 Minuten bis 30 Minuten an der deutschen Grenze», sagt Arnold. Die Euroschwäche macht sich auch am Flughafen Zürich bemerkbar. «Insbesondere für unsere ausländischen Gäste wurde es sehr teuer, in der Schweiz einzukaufen. Diesen Rückgang spüren wir im luftseitigen Kommerzgeschäft», sagt Mediensprecher Michael Stief. Im Vergleich zum Vorjahr hat der Flughafen im November im luftseitigen Kommerzbereich ein Minus von 8,4 Prozent registriert. Allerdings hat der Flughafen im Vorjahr eine spezielle Shopping-Aktion durchgeführt: An ausgewählten Tagen konnte man auch dann im luftseitigen Bereich einkaufen, wenn man kein Flugticket gebucht hatte.
Auch die City-Vereinigung Zürich klagt über fehlenden Umsatz. «Wir haben unser Ziel flächendeckend nicht erreicht», sagt Präsident Milan Prenosil. Er gibt vor allem dem starken Franken die Schuld an der fehlenden Einkaufslust. Touristen würden fehlen, aber auch Schweizer, die im Ausland oder online einkaufen gehen. Er schätzt, dass der diesjährige Verlust in der gesamten Schweiz noch grösser ausfallen wird als letztes Jahr. 2014 mussten die Schweizer Detailhändler laut Prenosil eine Einbusse von rund zehn Milliarden Franken hinnehmen. Den Sonntagsverkauf ausfallen zu lassen, ist für Prenosil aber keine Option. «Das käme einer Kapitulation gleich», meint er. «Wir kämpfen um jeden Konsumenten.» Auch Bauer von der Migros bestätigt: «Ein Sonntagsverkauf lohnt sich immer.»
Kleine Läden auf dem Land haben auch sehr schwere Saison
Stefan Gross, Geschäftsführer des Glattzentrums in Wallisellen, macht für das eher zurückhaltende Weihnachtsgeschäft noch einen weiteren Grund aus: Die Negativteuerung. «Dieser eher seltene Effekt bedeutet für uns konkret: Wenn wir dieses Jahr gleich viele Produkte verkaufen wie im letzten Jahr, erhalten wir dieses Jahr weniger Geld dafür.» Auch kleinere Läden auf dem Land haben bisher nicht die beste Ssaion hinter sich. «Die Stimmung unter den Gewerbetreibenden ist eher gedrückt», sagt etwa Manuela Frei vom Gewerbeverband Eglisau. Sie sei sich allerdings nicht sicher, ob der Euro das Problem sei oder ob viele Kunden zum Einkaufen immer häufiger lieber nach Zürich oder ins Glattzentrum fahren. Positiver sieht es Gaby Spühler, die in Eglisau ein Geschäft für Kinderkleider und Spielzeug betreibt: «Wegen des Wetters hatten wir lange keine Kappen oder Handschuhe verkauft. Und ja, der Herbst hat einigen hier auf die Stimmung geschlagen. Inzwischen wurde es aber besser und ich bin soweit zufrieden.» Sie können sich ja auch nicht mit dem Glatt oder dem Flughafen vergleichen. «Zu uns kommen Kunden, wenn sie individuelle Beratung oder ein besonderes Geschenk suchen.» Dafür gebe es immer noch Bedarf. In Bezug auf Bedarf zeichnet sich dieses Jahr ein Favorit ab. «Trends zu nennen ist schwierig, doch bei den Spielwaren ist alles, was mit ‹Star Wars› zu tun hat, sehr gefragt», sagt Gross. Ansonsten würden die Leute in der Weihnachtszeit erfahrungsgemäss auch viel Geld für Lebensmittel ausgeben. «Man gönnt sich etwas, die Bereiche Wein und Delikatessen sind traditionell stark im Weihnachtsgeschäft.»
Was kommt gut an?
Eingekauft hatten die Konsumenten gemäss Prenosil auch dieses Jahr traditionell. «Schmuck, Parfüm und elektronische Gadgets kommen immer gut an», so der Präsident der City-Vereinigung. Besonders im Trend liege das Rollerboard – ein Art elektronisches Skateboard, das durch Balance angetrieben wird. Gut besucht waren am Sonntag die Geschäfte von Manor. Insbesondere in Zürich war die Frequenz «erfreulich hoch», wie Sprecherin Elle Steinbrecher sagte. Gefragt waren auch dort Multimedia-Artikel, Parfüm oder Bijouterie. Weniger gut lief es bei der der Winterbekleidung. Über den Umsatz konnte Steinbrecher mangels Vergleichbarkeit mit dem vergangenen Jahr noch keine Angaben machen. Zufrieden mit dem Verlauf des bisherigen Weihnachtsgeschäfts ist das Berner Detailhandelsunternehmen Loeb. Beim zweiten Sonntagsverkauf hatte es mehr Kundschaft in den Läden als beim ersten. Die Frequenz sei wie erwartet hoch gewesen, sagt Loeb-Sprecherin Nicole Studer. Insgesamt werde ein Umsatz etwa auf Vorjahresniveau erwartet. Angesichts des schwierigen Marktumfeldes sei dies ein erfreuliches Resultat.
Besonders gross war bei Loeb der Andrang in den Abteilungen Haushalt und Spielwaren. Beliebt sind in diesem Jahr Koch- und Backutensilien. Besonders multifunktionelle Küchenmaschinen seien ein Verkaufsschlager, sagt Studer. Bei den Spielwaren verkauften sich Lego und Spielsachen aus Holz gut. Etwas harziger im Vergleich zu anderen Jahren entwickle sich das Geschäft mit der Damenmode. Auffällig sei bei der Mode allgemein ein Trend zu hochwertiger Ware wie etwa Kaschmirpullis. Coop sagte auf Anfrage, es sei noch zu früh für eine Einschätzung zum Weihnachtsgeschäft. Eine Umsatzmeldung ist in der ersten Januarwoche zu erwarten.
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Tijana Nikolic
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