Die SVP lässt das Thema Burkaverbot links liegen
Mit dem Burkaverbot sei es wie bei der Minarett-Initiative: «Die Partei wird sich nicht engagieren, falls die Initiative kommt. Die Delegierten werden eine Parole fassen, sollte die Volksinitiative dereinst einmal vors Volk kommen, mehr nicht». Auch SVP-Nationalrat Albert Rösti, der den Wahlkampf 2015 leiten wird, zeigt sich wenig begeistert vom geplanten Volksbegehren: «Schaden tut uns die Initiative nicht. Ich stelle fest, dass Leute verängstigt sind, weil sie befürchten, dass mit der Zuwanderung die Zahl der Burka-Trägerinnen immer weiter steigt», so Rösti. Walter Wobmann kann für seine geplante Initiative für ein nationales Burka-Verbot in der SVP kaum mit Unterstützung rechnen. «Mit dem Kampf gegen den EU-Beitritt sowie für die Ausschaffungs-, Massenzuwanderungs- und Familieninitiative haben wir mehr als genug zu tun», sagt Fraktionschef Adrian Amstutz, der ein allfälliges Vermummungs-Verbot den Kantonen überlassen will: «Ich bin dezidiert der Meinung, dass in unserem Land das Gesicht gezeigt werden muss. Persönlich bin für ein Vermummungsverbot, finde aber ein Kopftuchverbot total übertrieben. Mit einem Kopftuchverbot hätte man auch den Kopfschmuck unserer Grossmütter verboten», sagt er in der Zeitung «Schweiz am Sonntag». Klar gegen ein Burka-Verbot spricht sich der Zürcher SVP-Nationalrat Gregor Rutz aus: «Nur weil das Anliegen populär ist, ist es noch nicht richtig. Ich halte die Initiative für falsch. Es ist nicht Aufgabe des Staates, Kleidervorschriften zu erlassen. Das greift in die Persönlichkeitsrechte ein. Ich laufe auch herum, wie ich will», sagt er. Anders sieht es SVP-Nationalrat Pirmin Schwander: «Es geht darum, dass die Schweizer keine Parallelgesellschaften wollen. Und wir haben Ansätze von Parallelgesellschaften. Die Burka-Initiative ist ein Stopp-Signal.» Die SP will die Debatte über die Burka und deren Verbot nicht der SVP überlassen. Nachdem konservative Kreise eine nationale Initiative angekündigt haben, lancieren die SP-Frauen nun selbst zwei Vorschläge, die von allen ihren Parlamentarierinnen im Bundeshaus unterstützt werden: Laut SP-Vize-Präsidentin Cesla Amarelle soll jeder bestraft werden, der andere Personen zwingt, ein spezielles Kleidungstück zu tragen, etwa um damit das Gesicht zu verhüllen oder einen Teil des Körpers zur Schau zu stellen.
Die Auswirkungen
Über die Auswirkungen eines Burkaverbots streiten sich derweil Tourismus- und Gewerbeverband. Schweiz Tourismus bangt wegen des Burkaverbots um zahlungskräftige Touristen aus arabischen Ländern. Gewerbeverbands-Präsident Jean-François Rime hingegen meint, das Verhüllungsverbot, welches das Tessin plane, habe keinen Einfluss auf den Tourismus. Ganz anders sieht das die Direktorin des Schweizer Tourismus-Verbandes, Barbara Gisi: «Touristen aus den Golfstaaten werden sich überlegen, ob sie künftig in die Schweiz gehen sollen», sagt Gisi. «Ein nationales Burkaverbot könnte negative Auswirkungen haben.» Laut Schweiz Tourismus sind nämlich die Araber besonders spendierfreudig. Offen bleibt weiterhin, ob das Verbot rechtlich durchsetzbar ist. Nach dem Entscheid des Tessiner Stimmvolkes muss sich nun auch das Parlament in Bern mit dem Verhüllungsverbot beschäftigen. Sollte es zum Schluss kommen, dass das Verbot gegen die Verfassung verstösst, könnte die Initiative zum Papiertiger werden. Für den Zürcher Staatsrechtler Urs Saxer ist das Verbot verfassungswidrig. Zudem ist für ihn eines klar: «Es kann nicht Aufgabe der Polizei sein, Jagd auf sie (die Burkaträgerinnen) zu machen», sagt Saxer im «SonntagsBlick». Es sei ausserdem eine Ressourcenverschwendung, Staatsangestellte damit zu beschäftigen.
Mit dem Verhüllungsverbot will das Tessin als erster Kanton der Schweiz das Tragen von Gesichtsschleiern in der Öffentlichkeit verbieten. Frauen soll es in Zukunft verboten sein, in Burka (Ganzkörperschleier) oder Niqab (Gesichtsschleier) auf die Strasse zu gehen. Der Kanton folgt damit den Verhüllungsverboten, wie sie in Frankreich und Belgien gelten.