Mitte letzter Woche starben innerhalb von 24 Stunden, drei Personen auf Berner Strassen. Davon zwei Kinder. Dieser traurige Trend häuft sich in letzter Zeit leider immer mehr.
Schlagzeilen über die schrecklichen Unfälle stehen fast täglich in den Medien (siehe Box). Letzte Woche übertrumpft jedoch alles. An einem Tag wurden gleich drei Personen auf Zebrastreifen überfahren. Der 10-jährige Silvan N. aus Worb BE ist fast zu Hause. Es ist kurz nach 18 Uhr am Mittwochabend. Nur noch einen Fussgängerstreifen muss der Fünftklässler überqueren. Silvan steigt von seinem Trottinett ab und wartet am Zebrastreifen an der Enggisteinstrasse, bis die Autos halten. Erst dann betritt der Blondschopf die Strasse. In dem Moment schert eine silberne Limousine hinter dem wartenden Auto aus. Der Fahrer drückt aufs Gas und erwischt den Primarschüler frontal. Zehn Meter fliegt Silvan durch die Luft und landet schwer verletzt auf der Bushaltestelle auf der anderen Strassenseite. Anstatt anzuhalten und sich um das Kind zu kümmern, flieht der Fahrer Richtung Enggistein. Eine Nachbarin eilt um zu helfen und ruft die Sanitäter. Endlose Minuten kämpfen Sanitäter um Silvans Leben. Immer wieder reanimieren sie den Primarschüler. Vergeblich. Zwei Stunden später, um 20 Uhr hält die Polizei im drei Kilometer entfernten Enggistein BE eine beschädigte silberne Limousine an und verhaftet den Fahrer. «Der Lenker wird im Zusammenhang mit dem Unfall verdächtigt. Er war betrunken und ist noch in Haft», sagt Daniela Sigrist von der Kapo Bern. Keine elf Stunden vor Silvan N. aus Worb BE stirbt der 8-jährige Aharan K. aus Ittigen BE am Mittwochmorgen um 7.20 Uhr. Ebenfalls auf einem Zebrastreifen. Der Zweitklässler wird 100 Meter von seinem Elternhaus entfernt auf dem Schulweg von einem LKW überrollt, der rückwärts ausparkt. Aharan ist sofort tot. «Ich verstehe nicht, wie das passieren konnte», sagt Aharans Vater Thileepan K. Als der Finanzberater erfährt, dass am selben Tag wie sein Sohn auch ein anderer Bub auf einem Zebrastreifen ums Leben gekommen ist, entschliesst er sich zu einem Appell. «So etwas darf einfach nicht mehr geschehen! Autofahrer, ihr müsst endlich kapieren, dass man auf einem Fussgängerstreifen doppelt aufpassen und sehr langsam fahren muss.» Besonders belastend ist für die Familie, dass die Staatsanwaltschaft eingeschaltet wurde. «Aharan ist so schlimm zugerichtet, dass die Behörden einen DNA-Test zur Identifizierung wollen», sagt Thileepan K., der vor mehr als zwanzig Jahren aus Sri Lanka in die Schweiz gezogen ist. Schrecklicher Zufall oder sind Schweizer Strassen zu gefährlich? Silvan Granig von der Schweizer Strassenopferstiftung Roadcross sagt: «Die Zeitumstellung ist eine gefährliche Phase.» Die Kinder gingen in der Dunkelheit zur Schule und teilweise im Dunkeln wieder nach Hause. «Gleichzeitig rollt der Berufsverkehr. Dem müssen sich Autofahrer bewusst sein und sich im Verkehr dementsprechend verhalten. Es sei bekannt, dass sich die Unfälle im Herbst, Winter und Frühling häufen. Hier können schlechte Sichtverhältnisse und unangepasste Geschwindigkeit zusammenkommen», sagt Granig. Und mit Regen und Schnee werde es noch gefährlicher. Hinzu kommt: «Kinder haben eine andere Wahrnehmung. Sie können die Distanz noch nicht korrekt einschätzen. Darum sind die Autofahrer umso mehr gefordert, aufmerksam zu sein.» Im Jahr 2010 gab es im Vergleich zum Vorjahr 25 Prozent mehr Fussgängertote.«Wir haben in der Schweiz viel Verbesserungspotenzial», sagt Granig. In Holland gebe es beispielsweise prozentual nur halb so viele Tote. «Wir haben sehr viele gefährliche Fussgängerstreifen. Sie liegen beispielsweise direkt hinter Kreiseln.» Da sei die Aufmerksamkeit der Autofahrer bereits absorbiert. «Es würde schon reichen diese Fussgängerstreifen um einige Meter zu verschieben», sagt er. Doch woran hapert es? Granig erklärt: «Viele gefährliche Fussgängerstreifen liegen auf den Hauptstrassen. Da sind die Kantone zuständig. Die Sicherheitsanliegen versanden im politischen Hickhack.» Es seien viele Pilotprojekte am Laufen, um die Situation zu verbessern. «Aber das richtige Mittel ist noch nicht gefunden.» Haben Sie noch weitere Vorschläge zur Besserung auf Schweizer Strassen? Uns interessiert Ihre Meinung! Schicken Sie uns doch einen Brief in die Redaktion oder eine E-Mail an [email protected].
Tijana nikolic