Der Kriminologe Martin Killias hat 555 Aargauer Schüler zum Thema Delinquenz befragt. Die Studie zeigt, unter welchen Umständen Jugendliche welche Straftaten begehen und wann sie selbst zu Opfern werden
Dabei konnte Killias einige Vorurteile aus dem Weg räumen, andere jedoch stützen. So kam der Kriminologe zum Schluss, dass Jugendliche, die Suchtmittel konsumieren, eher zu Straftaten neigen als andere. «Der Konsum von Alkohol und Drogen hängt signifikant mit verschiedenen Delikten zusammen», zitiert ihn die «Aargauer Zeitung». Auffällig: Cannabis hat offenbar einen stärkeren Einfluss als Alkohol. Kiffen erweise sich «für deliktisches und gewalttätiges Verhalten als stärker problematisch als schwere Formen von Alkoholmissbrauch wie Rauschtrinken», so Killias. Cannabis habe also nicht unbedingt einen beruhigenden Effekt, sondern wirke auch enthemmend und gewaltfördernd.
Sekundarschüler verüben am meisten Delikte
Die Daten zeigen: Knapp 30 Prozent der Cannabis-Konsumenten gaben an, schon einmal einen Ladendiebstahl verübt zu haben. Bei den Rauschtrinkern waren es zehn Prozent weniger. Ähnlich sieht es bei Einbrüchen aus: Bereits 13 Prozent der kiffenden Jugendlichen haben einen solchen verübt. Bei den Rauschtrinkern sind es knapp sechs Prozent. Einen Raub oder Körperverletzung verübten bereits rund 11 Prozent der Kiffer, wobei lediglich 4 beziehungsweise 5 Prozent der Rauschtrinker solche Delikte begangen haben. Am häufigsten fallen Cannabiskonsumenten durch Drogenverkauf auf (28 Prozent), woran sich lediglich zwölf Prozent der Rauschtrinker beteiligen. Laut der Studie haben die Eltern ebenfalls einen starken Einfluss auf das Verhalten der Jugendlichen. Die Befragung hat gezeigt, dass Jugendliche, die ihre Freizeit hauptsächlich mit der Familie verbringen, seltener straffällig werden als jene, die in Cliquen, grösseren Freundesgruppen oder Gangs unterwegs sind. Auch die elterliche Kontrolle über das Leben des Nachwuchses hat starken Einfluss. Der Grundsatz «Je tiefer die Bildung, desto höher die Kriminalität» kann in der Studie nicht bestätigt werden. Zwar geben Bezirksschüler weniger oft an, Straftaten begangen zu haben, doch sind erwartungswidrig nicht Real-, sondern Sekundarschüler bei den meisten Delikten am stärksten belastet, so Killias. Schliesslich befasst sich der Kriminologe auch mit dem Migrationshintergrund. Dabei zeigt sich: Schüler, von denen ein Elternteil im Ausland geboren ist, sind nicht unbedingt öfter Opfer von Straftaten. «Dagegen verüben sie häufiger Delikte als ihre einheimischen Mitschüler», erklärt Killias. Durch die Befragungen hat er zudem herausgefunden, dass die Schüler mit Migrationshintergrund häufiger Waffen bei sich führen, öfter in Gruppenschlägereien verwickelt sind und mehr Vandalenakte verüben. Die Integration sei deshalb eine sehr wichtige Aufgabe. Die genaue Herkunft sei jedoch weniger entscheidend als andere Variablen.
Tijana Nikolic