Erstmals werden in der Schweiz die Lebensmittelabfälle, der so genannte Food Waste, systematisch ermittelt. Dabei werden alle Nahrungsmittelverluste von der Produktion, über die Verarbeitung bis hin zur Entsorgung geprüft
Nach Studien über Food Waste in der Gastronomie und bei den Grossverteilern beleuchtet die neueste Untersuchung des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) nun die Verluste in der Lebensmittelindustrie. In diesem Bereich könnten über 300‘000 Tonnen Food Waste verhindert werden. Rund ein Drittel der produzierten Lebensmittel geht gemäss Schätzungen der Food and Agriculture Organization FAO weltweit verloren. Für die Schweiz geht man von der gleichen Grössenordnung aus, dies entspricht etwa 300 kg pro Kopf und Jahr. Als Food Waste bezeichnet werden jene Lebensmittel, die für den menschlichen Konsum produziert wurden und auf dem Weg vom Acker bis auf den Teller verloren gehen oder weggeworfen werden.
Drei grundlegende Regeln verfolgen
BAFU ermittelt in Zusammenarbeit mit den Branchen seit vier Jahren die Zahlen zu Food Waste und verfolgt damit drei Ziele. Einerseits sollen die Lebensmittelverluste in der Schweiz quantifiziert werden; aufgeschlüsselt in die einzelnen Bereiche der Lebensmittelproduktion. Die Zahlen sollen Aufschluss darüber geben, ob diese Verluste vermeidbar sind oder nicht. Bei den vermeidbaren Verlusten handelt es sich um Lebensmittelreste, die zum Zeitpunkt ihrer Entsorgung und bei rechtzeitiger Verwendung geniessbar wären. Beispiele dafür sind Tellerreste, vom Markt nicht akzeptierte Produkte wie fleckige Äpfel oder auch Nebenprodukte wie Buttermilch. Unvermeidbare Lebensmittelabfälle umfassen nicht geniessbare Teile, wie Schalen und Knochen oder entstehen bei der Speisenzubereitung (Rüstabfälle). Schliesslich will man detaillierte Angaben darüber haben, in welchen Branchen die Verluste anfallen.
Potential liegt in der Technik
Die schweizerische Lebensmittelindustrie produziert pro Jahr 2.3 Millionen Tonnen Lebensmittel und Halbfabrikate. Das hat das BAFU in seiner neusten Studie «Organische Verluste aus der Lebensmittelindustrie in der Schweiz» ermittelt. Dabei fällt über alle acht Hauptbranchen betrachtet (z.B. Getreideverarbeitung, Kakao und Kaffee oder Milchprodukte) ein Verlust von rund 500‘000 Tonnen an. 125‘000 Tonnen dieser Verluste, gut ein Viertel, sind nicht geniessbare Bestandteile wie Knochen oder Schälabfälle.
Drei Viertel der Verluste betreffen geniessbare Bestandteile. Die Menge beläuft sich auf 375‘000 Tonnen oder 14% der gesamten Lebensmittelproduktion. Dabei dominieren zwei Hauptursachen: Der fehlende Absatzmarkt für Nebenprodukte wie zum Beispiel Molke oder Kleie (20%). Und der Stand der Technik (20%). Die Lebensmittelabfälle sind zwar geniessbar, aber nach aktuellem Stand der Technik nicht vermeidbar. Ursachen für diese Verluste sind ungenaue Planung oder technisch bedingte deklassierte Produkte wie zum Beispiel beschädigte Schokoladentafeln. Es zeigt sich also, dass in der Technik ein grosses Potential zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen liegt.
75 Prozent werden an tiere verfüttert
Der Hauptanteil (75%) der anfallenden organischen Verluste aus der Lebensmittelindustrie wird an Tiere verfüttert und bleibt somit im Kreislauf der Nahrungsmittelproduktion erhalten. Rund 20% wird zu Biogas verwertet oder als Kompost recycliert. Nur ein geringer Anteil wird in Kehrichtverbrennungsanlagen verbrannt. Verschenkte Ware macht mit weniger als 1% einen marginalen Anteil aus. Das BAFU stellt diese Studie der Lebensmittelindustrie zur Verfügung, zeigt das Sparpotenzial für die betroffenen Branchen auf und unterstützt zudem die Branchen in der Umsetzung von Massnahmen zur Vermeidung von Food Waste.
Tijana Nikolic