Nach dem Informatikdebakel Insieme und der Korruptionsaffäre im Seco steht der Bundesverwaltung der nächste Informatikskandal ins Haus
. Auch die Zentrale AHV-Auslgeichsstelle ZAS in Genf hat in den letzten Jahren Millionenbeträge in Softwareprojekte investiert, ohne die Aufträge auszuschreiben, schreibt der «Tages-Anzeiger». Dabei wäre das gesetzlich vorgeschrieben. Bis die Eidgenössische Finanzkontrolle auf die Zustände in Genf reagierte, dauerte es mehrere Monate. Doch warum gelingt es der Bundesverwaltung nicht, die Millionen verantwortungsbewusst zu managen?
• Zu wenig Kontrolle
«Einmal mehr hat Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf ihre Führungsverantwortung nicht wahrgenommen», sagt SVP-Nationalrat Thomas Aeschi, der auch Mitglied der Finanzkommission ist. Der Vorsteherin des Eidgenössischen Finanzdepartements sind sowohl die Zentrale Ausgleichsstelle ZAS wie auch das Bundesamt für Telekommunikation und Informatik BIT unterstellt. Der Bundesrat müsse die Amtsleiter enger führen und härter durchgreifen, findet Aeschi.
«Jedes Departement und jedes Amt ist ein kleines Königreich. Es gilt das ungeschriebene Gesetz: Du redest mir nicht drein und umgekehrt.» Um dies zu ändern, würden kosmetische Korrekturen des Bundes nicht ausreichen, es brauche eine Revision des Verwaltungsorganisationsgesetzes, die bessere Kontrollen zuliesse. «Es kann nicht sein, dass jeder macht, was er will, und niemand kontrolliert das.» Wichtig ist laut Aeschi eine zentrale Einkaufskompetenz, bei welcher die Vergabekriterien einheitlich definiert und Projekte nach den gleichen Kriterien vergeben werden. Beim Eidgenössischen Finanzdepartement heisst es: «Die Führungsverantwortung und damit die Aufsichtskompetenz der Departements-Chefin beschränken sich auf die ihr direkt unterstellten Ämter.» Eines dieser Ämter sei die Eidgenössische Finanzverwaltung EFV, der die ZAS angegliedert sei. Letztere sei eine eigenständige Organisationseinheit mit einem eigenen internen Inspektorat. «Die Sicherstellung der korrekten Abwicklung von Beschaffungen ist Bestandteil des internen Kontrollsystems sowie der Führungslinie der ZAS.»
• Zu wenig Fachkompetenz
Mehr Kontrollinstanzen hält Leo Müller, Präsident der nationalrätlichen Finanzkommission, für überflüssig. «Die Instrumente haben wir, wir müssen sie nur richtig einsetzen», sagt der CVP-Mann. Das Problem seien vielmehr die mangelnden Fachkenntnisse in der Verwaltung. «Bei der Swissmedic beispielsweise werden EDV-Projekte sehr bewusst beschafft», sagt Müller. Daran sollte man sich ein Beispiel nehmen: «Die Bundesverwaltung muss endlich führen, anstatt sich treiben zu lassen.» Das Wissen müsse im Haus behalten werden. Das bedeute: weniger auslagern.
• Mangelnde Transparenz
Laut CVP-Nationalrat Leo Müller ist es wichtig, die Beschaffungsprojekte offenzulegen: «Wir müssen prüfen, ob die Auftragnehmer veröffentlicht werden müssten, damit sie mehr in der Verantwortung stehen.» Auch CVP-Ständerat Urs Schwaller findet, dass die Verträge im Internet einsehbar sein müssten. Korruptionsexperte Jean-Pierre Méan von Transparency International Schweiz fordert eine zentrale Datenbank, in der alle freihändig vergebenen Aufträge verzeichnet werden. Damit liesse sich kontrollieren, ob immer wieder dieselben Firmen den Zuschlag erhalten. Thomas Aeschi befürchtet, dass mit der Einführung des Globalbudgets, in Zukunft die Detailkontrolle über die IT-Beschaffungen noch erschwert werden. «Die Ämter müssen dank Globalbudget die Kostenposten nicht mehr einzeln auflisten und können so nach eigenem Gutdünken wirtschaften.» Nur mit strengeren Kontrollen, kompetenten Mitarbeitern und mehr Transparenz könne verhindert werden, dass es in der Bundesverwaltung den nächsten Skandal gibt, darin sind sich die Parlamentarier einig.