Kinder, Jugendliche und andere besonders schutzbedürftige Personen sollen durch ein umfassendes Tätigkeitsverbot sowie durch ein Kontakt- und Rayonverbot besser vor einschlägig vorbestraften Tätern geschützt werden.
Der Bundesrat hat am letzten Mittwoch entschieden, die Arbeiten an der entsprechenden Vorlage voranzutreiben. Er will sie der Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen“ als indirekten Gegenvorschlag gegenüber stellen. Die Botschaft zur Vorlage erarbeitet das EJPD bis im Herbst. Am 23. Februar 2011 hat der Bundesrat eine Vorlage in die Vernehmlassung geschickt, die mit einer Ausweitung des geltenden Berufsverbots für einschlägig vorbestrafte Täter den Schutz von Unmündigen sowie von sehr kranken und alten Personen verbessern will. Dieses Ziel verfolgt auch die Volksinitiative „Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen”, die am 20. April 2011 von der Vereinigung „Marche Blanche” mit 111 681 gültigen Unterschriften bei der Bundeskanzlei eingereicht worden ist. Sie will in der Bundesverfassung einen neuen Artikel 123c mit folgendem Wortlaut verankern: „Personen, die verurteilt werden, weil sie die sexuelle Unversehrtheit eines Kindes oder einer abhängigen Person beeinträchtigt haben, verlieren endgültig das Recht, eine berufliche oder ehrenamtliche Tätigkeit mit Minderjährigen oder Abhängigen auszuüben.” Zur Vorlage des Bundesrates wurden bereits umfangreiche Vorarbeiten geleistet. Nicht zuletzt wurde 2011 bereits die Vernehmlassung durchgeführt. Die Vorlage erhielt dabei grundsätzliche Zustimmung. Am Mittwoch nahm der Bundesrat von den einzelnen Vernehmlassungsergebnissen Kenntnis. Gleichzeitig beauftragte er das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD), die Vorlage im Lichte dieser Ergebnisse zu überarbeiten und die Botschaft dazu bis im Herbst als indirekten Gegenvorschlag zur Initiative vorzulegen. Mit der Vorlage verbessert der Bundesrat den Schutz von Kindern und Jugendlichen sowie von sehr kranken und alten Personen vor einschlägig vorbestraften Tätern. Die Vorlage legt klar fest, bei welchen Straftaten und für welche Dauer ein Tätigkeitsverbot verhängt werden kann. Sie ist zudem mit dem Gebot der Verhältnismässigkeit und den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Schweiz vereinbar. Der Bundesrat ist überzeugt, dass er mit seiner Vorlage nicht nur die Anliegen der Initianten verwirklicht, sondern in gewissen Punkten noch weiter geht als die Volksinitiative. Dies betrifft namentlich die Einführung eines Kontakt- und Rayonverbots für vorbestrafte Täter. Ferner kann der Schutz vor einschlägig vorbestraften Tätern durch die Fortführung der eingeleiteten Arbeiten an der Vorlage des Bundesrates rascher verbessert werden als auf dem Weg der Volksinitiative. Und schliesslich können bei diesem Vorgehen die Nachteile der Volksinitiative vermieden werden. Namentlich verletzt der vorgesehene Automatismus -verbunden mit der unbegrenzten Dauer der Massnahme – das in der Bundesverfassung verankerte Gebot der Verhältnismässigkeit, das bei der Einschränkung von Grundrechten beachtet werden muss.
Ausweitung des Berufsverbots zum Tätigkeitsverbot
Im Mittelpunkt der Vorlage des Bundesrats steht die Ausweitung des geltenden Berufsverbots: Neu sollen auch ausserberufliche Tätigkeiten, die eine Person in Vereinen oder anderen Organisationen ausübt, verboten werden können. Das Berufsverbot und das Verbot ausserberuflicher Tätigkeiten werden in einem neuen Tätigkeitsverbot zusammengefasst. Dieses zukünftige Tätigkeitsverbot soll in zwei Punkten strenger als das heutige Berufsverbot sein. Zum einen soll ein Verbot auch dann verhängt werden können, wenn die Person die Tat nicht in Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit begangen hat. Zum anderen sollen bestimmte Sexualstraftaten gegen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren zwingend zur Verhängung eines – wenn nötig lebenslangen – Tätigkeitsverbots führen. Schliesslich wird das Tätigkeitsverbot durch ein Kontakt- und Rayonverbot ergänzt. Diese Verbote sollen mit einem erweiterten Strafregisterauszug für Privatpersonen durchgesetzt werden.
Vereine machen sich eher Sorgen um den grossen administrativen Aufwand!
Das Ziel der Vorlage stiess in der Vernehmlassung grundsätzlich auf Zustimmung. Die Einführung eines erweiterten Strafregisterauszugs und der Vorschlag, dass die betroffenen Personen diesen Auszug obligatorisch einholen müssen, wurden allerdings kontrovers beurteilt. Während zahlreiche Kantone diese Neuerungen begrüssten, stiessen sie bei den betroffenen ausserberuflichen Organisationen wegen des grossen administrativen Aufwandes auf Ablehnung. Vereinzelt wurde die Vorlage als zu umfangreich und detailliert kritisiert. Insbesondere die Kantone äusserten zudem die Befürchtung, dass die Umsetzung der Vorlage mit hohen Kosten verbunden sein könnte. Sie wiesen zudem darauf hin, dass die Bewährungshilfe zwingend ausgebaut werden müsse. Verschiedentlich wurde die Meinung geäussert, der erweiterte Strafregisterauszug bringe lediglich eine Scheinsicherheit, da die meisten Pädokriminellen (noch) keinen Strafregistereintrag hätten. Diese Scheinsicherheit könnte dazu führen, dass die Verantwortlichen ihre Überwachungspflicht nur noch unzulänglich wahrnehmen. Schliesslich forderten zahlreiche Stimmen, dass neben dem Ausbau des strafrechtlichen Instrumentariums auch die Prävention und Aufklärung gestärkt werden müssten. Ja, ist denn das zu fassen?! Zu grosser Aufwand und hohe Kosten sollen den Schutz von Kindern und anderen schutzbedürftigen Personen behindern? So geht das doch nicht. Oder was meinen Sie dazu? Schicken Sie uns Ihre Meinung an: [email protected]