Eine Freundschaft in der Mongolei. Reisen- andere Kulturen und Lebensformen kennen lernen, neugierig sein, Zeit haben, Freundschaften schliessen!
Während rund sieben Monaten wurde mein Traum Wirklichkeit und ich bin zusammen mit meinem Freund durch Asien gereist. Von Russland bis Malaysia. Ein Land blieb uns besonders in Erinnerung, die Mongolei! Unendliche Weiten, ein Leben im Einklang mit der Natur und ein Freundschaft sind dafür verantwortlich.Wir spüren Muskeln, von deren Existenz wir gar nicht wussten, dennoch das Gefühl, die endlose Weite, die atemberaubende Landschaft der Mongolei, hoch zu Pferd zu erleben ist beeindruckend. Und die Strapazen wert!
Beim allabendlichen Zeltaufbauen brauchen wir die Hilfe von unseren Begleitern längst nicht mehr. Doch, dass die Übersetzungskünste Enkhlens von unschätzbarem Wert sind, sollen wir heute ein weiteres Mal merken.
Den vielen Platz um unser Zelt teilen wir mit „Nachbarn“, ein kurzer Ritt und wir gelangen zur Jurte einer befreundeten Familie unseres Guides. „Haltet die Hunde fest“, kündet er unseren Besuch in der landestypischen Begrüssung an und eine schöne Frau in unserem Alter, mit einem Kind auf dem Arm öffnet. Scheu werden wir hinein gebeten, in ihr kleines Reich. Wir achten darauf ja nicht auf die Schwelle zu treten und auf der uns zugedachten Seite Platz zu nehmen. Unser Blick schweift durch die Behausung mit den zwei Öfen in der Mitte, den Teppichen am Boden, den feinsäuberlich aufgehängten Fleischstücken, dem Altar mit den wichtigsten Fotos und den religiösen Utensilien, den kitschigen Tierbildern an den Wänden. Nichts, das nicht an seinem Platz wäre, nichts das seinen Zweck nicht erfüllen würde. Unser Guide streift nach dem obligatorischen gesalzenen Tee bereits wieder durch die Matten seines Landes. Wir hingegen geniessen die Gastfreundschaft und freunden uns mit der Frau und ihren Kindern an. Mit ihrer scheuen, aber sehr herzlichen Art bewirkt sie, dass wir uns willkommen fühlen und die Verständigung klappt auch ohne viele Worte. Die Sympathien scheinen gegenseitig zu sein, so lädt sie uns ein, zum Abendessen zu bleiben. Ein Angebot das wir nicht ausschlagen können und wollen. Enkhlen holt unsere Vorräte und wir werden derweilen zum Mithelfen aufgefordert. Es gilt, die flinken, jungen Yaks einzufangen und sie für die Nacht anzubinden. Puuh, wir geraten ausser Puste! Die Kleinen sind flink und lassen sich nur widerwillig von ihren Müttern trennen. Wir versuchen unser Bestes, werden von unserer Gastgeberin aber dennoch ein wenig belächelt.
Zurück in der Jurte staunen wir weiter. Unsere neugewonnene Freundin schnürt ihren Sohn in Tücher (damit sie arbeiten kann und der Kleine sich nicht zur Feuerstelle bewegt), bäckt den Teig auf dem heissen Ofen zu hauchdünnen Fladen und lässt sich dabei auch durch ihre neugierige Tochter nicht aus der Ruhe bringen. Wir wollen ihr helfen, doch sie bedeutet uns, ihre Gäste zu sein und schenkt immer und immer wieder Tee nach. Die Abendsonne senkt sich über das schönste Fleckchen Erde der Welt und überzieht es golden. Die Yaks trotten gemächlich vor sich hin, Vögel erfüllen die Stille mit Pfiffen und die würzige Luft lässt uns tief einatmen. Kein Mensch, kein Geräusch, das diesen Frieden stören würde.
Köstliche Düfte schwängern die Luft und bereits wird die dampfende Suppe mit Fleisch, Gemüse und selbstgemachten, gerösteten Nudeln ausgeteilt. Der Hausherr, sowie unser Guide kommen pünktlich zurück. Ob sie’s gerochen haben?!
Die nahrhafte Mahlzeit schmeckt, wir passen uns den Gepflogenheiten an und verschlingen die Brühe, ebenso schlürfend wie die Einheimischen. Im Gespräch erfahren wir viel über das harte, entbehrungsreiche Leben. Wir hören gebannt zu und einmal mehr fühlen wir uns privilegiert reisen zu können und Einblicke in andere Lebensformen nehmen zu dürfen. Dass dieses Leben in der Tat anders ist, als jenes das wir kennen, sehen wir, als der Vater das schreiende Baby kurzerhand in seinen Mantel steckt und mit ihm auf seinem Pferd davon trabt. Wir geniessen die gemütlichen Stunden und kurz später kehrt er mit seinem selig schlummernden Kind zurück.
Doch es ist ein hartes, entbehrungsreiches Leben. Zögernd und nur nach mehrmaligem Nachfragen geht die Familie auf unser Angebot ein und nimmt die angebotenen Medikamente an. Ärztliche Versorgung ist nur spärlich und mehrere Tagesritte entfernt vorhanden. Auch den Wunsch nach Antibiotika schlagen wir der Familie nicht aus, sind jedoch überrascht, als sie uns eröffnen damit die Augenkrankheit ihrer Yaks behandeln zu wollen. Ohne ersichtlichen Grund würden die Tiere langsam erblinden, das Medikament helfe, wie ein bereits erfolgreicher Versuch zeigt.
Die Familie bedankt sich gerührt und als wir dann noch unsere Schweizer Schoggi auspacken, ist die Freude perfekt. Auch unser Herz lacht, als wir sehen, dass die Schoggipapierli mit Schweizermotiven feinsäuberlich glatt gestrichen und am Altar befestigt werden.
Nach einem abermaligen Besuch am nächsten Morgen und dem Genuss von frischem Yak- Yoghurt heisst es Abschied nehmen. Die Familie lädt uns ein, sie wieder zu besuchen und wir versprechen die entstandenen Fotos zu schicken. Ein letzter Blick auf den idyllischen Ort und wir trotten hoch zu Pferd von dannen.
Solche Freundschaften sind es, die unser Fernweh schüren, uns aber auch beglückt durch den wieder eingekehrten Alltag tragen. Freundschaften, die eine Reise unvergesslich machen.
Sabine Mehmann