Das Bundesamt für Gesundheit versucht, junge Menschen zu animieren, über das Thema Organspende zu sprechen
Die Realität als Patient, der auf ein Organ wartet, ist hart. Die Warteliste ist mit derzeit 1502 Personen lang und wird immer länger. Die Anzahl Patienten auf der Liste hat in den vergangenen fünf Jahren um über 300 Personen zugenommen. Gründe dafür sind die demografische Entwicklung und der medizinische Fortschritt, der eine Transplantation erst möglich macht.
Nur 100 bis 150 Spenden pro Jahr
Im Verhältnis zur Warteliste spenden nur wenige Personen jährlich nach dem Tod ihre Organe. Es sind zwischen 100 und 150 Spender pro Jahr. Um mehr Menschen für eine Organspende zu gewinnen, hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Kampagne gestartet, die sich vor allem an junge Personen richtet. «Gerade bei Jugendlichen ist die Hilfsbereitschaft gross», sagt Cinzia Pastore Ferrari, die beim BAG für die Organspende-Kampagne verantwortlich ist. Um die jungen Erwachsenen zu erreichen, arbeitet das BAG unter anderem mit bekannten Personen zusammen, die in den sozialen Netzwerken aktiv sind. Dazu gehören Moderator Stefan Büsser oder Bloggerin Nives Arrigoni.
Spendeneinstellung mitteilen
In kurzen Videos fordern die Influencer die Zuschauer auf, dem Umfeld zu sagen, ob man spenden will oder nicht. «Ich habe mich für eine Organspende entschieden und habe mit meinen Liebsten darüber gesprochen», sagt Arrigoni. Es sei ihr wichtig, dass die Liebsten wissen, wie sie sich entschieden habe. Büsser, der an einer Lungenkrankheit leidet und möglicherweise bald auf ein Spenderorgan angewiesen ist, weiss von allen Personen in seinem Umfeld, wer spenden möchte. «Nehmt euren Liebsten den Entscheid ab», appelliert er. Dann müssen die Angehörigen sich im Spital nicht mit dieser schwierigen Frage befassen.
Viele kennen den Willen der Verstorbenen nicht
Darin liegt der Kern der Kampagne. «Die Mehrheit der Bevölkerung ist bereit, Organe zu spenden», sagt Pastore. Die Angehörigen würden sich aber oft gegen eine Spende entscheiden, weil sie den Willen des Verstorbenen nicht kennen. Das Ziel der Kampagne sei deshalb, die Leute dazu zu bringen, über das Thema zu reden und ihren Wunsch den Angehörigen mitzuteilen. Das ist besonders auch deshalb angezeigt, weil die Schweiz bei den Spendezahlen im europäischen Vergleich weit zurück liegt. Den Grund dafür sieht Pastore insbesondere bei der hohen Ablehnungsrate der Angehörigen: «In der Schweiz ist die Rate mit knapp 60 Prozent fast doppelt so hoch wie im übrigen Europa.» Teil der Kampagne ist auch der Europäische Organspendetag, der die Schweiz dieses Jahr organisieren darf. Er findet am 9. September auf dem Bundesplatz in Bern statt, am gleichen Tag wie der nationale Organspendetag. Gleichzeitig wird in Genf der Weltorganspendetag abgehalten. «Es ist das erste Mal, dass die drei Anlässe im selben Land und am gleichen Datum durchgeführt werden», so Pastore.
In sozialen Netzwerken darüber sprechen
Ein Liveticker zählt seit dem 1. Juni, wie viele Schweizer eine Spendekarte ausgefüllt haben. Bis zum Organspendetag sollen es 100’000 Personen sein, derzeit sind es gut 55’000. Auf Instagram und Facebook veröffentlicht das BAG regelmässig neue Botschaften. «Wir versuchen, die Jungen dort abzuholen, wo sie sich aufhalten», sagt Pastore. Es sei das Ziel, dass in den sozialen Netzwerken vermehrt über Organspende gesprochen wird. Wer an leicht aufbereiteten Informationen zum Thema interessiert ist, sollte die Website Leben-ist-teilen.ch besuchen. Dort finden sich Antworten zu allen möglichen Fragen.
T.N.