Die neuen Wohnungen in den Städten werden laut einer CS-Studie vollumfänglich von ausländischen Zuwanderern absorbiert
Gleichzeitig verdrängt dieser Siedlungsdruck Schweizer in ländlichere Wohngebiete. Ob Stadt oder Land, die Schweiz gleicht seit Jahren einer gigantischen Baustelle. Allein in den zehn grössten Städten entstanden gemäss den aktuellsten Zahlen des Bundesamts für Statistik im Jahr 2012 fast 5500 Wohnungen. 2010 waren es noch 4309 Wohnungen. Besonders gross war die Bautätigkeit in Luzern und Zürich. In der grössten Schweizer Stadt kamen mit 2169 Wohnungen fast doppelt so viele auf den Markt wie zwei Jahre davor.
Im fünfmal kleineren Luzern waren es 876 Wohneinheiten: Mit 2 Prozent wies die Zentralschweizer Metropole die höchste Neubauquote grosser und mittlerer Städte auf. Trotzdem reichen die regen Bautätigkeiten bei weitem nicht aus: «Die internationalen Zuwanderer lassen sich mehrheitlich in den Zentren nieder und absorbieren dort die neu gebauten Wohnungen vollumfänglich», sagt Fredy Hasenmaile, Leiter Immobilienresearch der Credit Suisse. Der zuwanderungsbedingte Nachfrageüberhang habe zudem bewirkt, dass Ansässige abwanderten oder näher zusammenrückten. Die CS veranschaulicht diese Entwicklung anhand der sogenannten Wohnungsabsorption, also wie gut der Wohnungsneubau vom Markt aufgenommen wird. In den Zentren betrug dieser Wert im Jahr 2011 fast 150 Prozent, er war ausschliesslich auf die internationale Zuwanderung zurückzuführen. Werte über 100 Prozent lösen eine entsprechende Binnenabwanderung aus. «In der Stadt Zürich betrug die ausländische Nettozuwanderung rund 6300 Personen, was etwa 3000 Haushalten entspricht», sagt Patrick Schnorf, Partner bei der Immobilienberatungsfirma Wüest & Partner. «Da aber in diesem Zeitraum nur 1187 Wohnungen gebaut wurden, führte dies zu einer Verdrängung von rund 3700 Ansässigen oder 1800 Haushalten.» Gemäss Fredy Hasenmaile sind aber nicht nur die grossen Metropolen betroffen, sondern auch mittlere und kleine Zentren wie beispielsweise Burgdorf BE, Langenthal BE, Wetzikon ZH oder Zofingen AG.
Insgesamt entstanden 2011 in den grossen, mittleren und kleinen Zentren 12 700 Wohnungen – Neuzuzüger aus dem Ausland belegten aber 18 500 Wohnungen. «Das war nur möglich, weil per Saldo mehrere Tausend Ansässige wegzogen respektive näher zusammenrückten», sagt Hasenmaile. Die hohe internationale Zuwanderung in die Städte ist laut dem Experten übrigens keine schweizerische Eigenart: «Ausländische Zuwanderer lassen sich auch weltweit meist in den Zentren nieder. Das hat damit zu tun, dass sie das Umland noch nicht kennen und vielleicht erst später dorthin ziehen», sagt Hasenmaile. Magnetwirkung haben auch die vielen hoch qualifizierten Arbeitsplätze in den Zentren sowie der globale Trend der Re-Urbanisierung.
Und wie sieht es in der Agglomeration aus?
Ganz anders sieht die Situation in Vororten und ländlichen Gemeinden aus. Zwar erleben auch sie einen Bauboom, doch halten sich Angebot und Nachfrage die Waage. In den Vororten ist die Nachfrage nicht nur eine Folge von Zuwanderung, sondern auch von höherem Wohnflächenverbrauch. Eine Verdrängung von Ansässigen findet grundsätzlich nicht statt. In den ländlichen Pendler-Gemeinden schliesslich spielt die ausländische Zuwanderung für den Wohnungsmarkt nur noch eine relativ kleine Rolle. Hier ziehen vor allem Personen aus anderen Gemeinden und Kantonen hin – oder bereits Ansässige wechseln in eine neue, grössere Wohnung.
Die CS geht davon, dass auch 2012, 2013 und 2014 die Wohnungsnachfrage aufgrund der internationalen Zuwanderung ähnlich hoch ausfallen wird. «Ab 2015 wird sich die Lage als Folge der Verunsicherung und dem geringeren Beschäftigungswachstum im Nachgang der SVP-Initiative leicht entspannen», schätzt Hasenmaile. Er rechnet mit einer Wohnungsabsorption von noch 120 Prozent. Wüest & Partner würde allerdings nicht unbedingt darauf wetten: «Es ist durchaus denkbar, dass aufgrund der guten Wirtschaftslage und der noch nicht umgesetzten Initiative der Druck auf die städtischen Wohnungsmärkte durch die ausländische Zuwanderung hoch bleibt», sagt Patrick Schnorf. Zu Medienberichten über die sinkende Nachfrage nach Luxuswohnungen in der Stadt Zürich sagt die CS: «Das sind Ausnahmefälle. Bei der Wohnungsabsorption handelt es sich um eine Nettobetrachtung von Bevölkerungs- und Wohnungsbestandswachstum, welche die Existenz von leer stehenden Luxusobjekten nicht ausschliesst». Ein leeres Loft macht also noch keinen Frühling.