Das Ja des Nationalrats zum Verhüllungsverbot. Unterstützung kommt aus der Mitte, nicht aber von links. Hauchdünn – nur eine Stimme machte den Unterschied – hat sich der Nationalrat letzte Woche Dienstag für ein Burkaverbot im öffentlichen Raum ausgesprochen
Erfreut reagiert Walter Wobmann, der mit seinem Egerkinger Komitee bereits über 50’000 Unterschriften für ein nationales Burkaverbot gesammelt hat. «Es ist positiv, wenn auch das Parlament merkt, dass ein Verbot in der Schweiz überfällig ist», sagt Wobmann. Es zeige sich, dass das Begehren goldrichtig sei. Während die Linke geschlossen gegen den Vorstoss stimmte, gab die Mitte den Ausschlag. Eine Mehrheit der CVP-Parlamentarier stimmte zu und verhalf dem SVP-Anliegen zum Durchbruch.
Empörung bei den Linken
Empört ist SP-Nationalrat Cédric Wermuth: «Die Mitte hat gemerkt, dass man mit dem Thema Stimmen machen kann.» Der Entscheid des Nationalrats sei fatal: «Er macht einen absurden Vorschlag der extremen Rechten salonfähig.»
Damit sei der politische Schaden schon angerichtet, selbst wenn der Ständerat den Entscheid korrigiere. Es gehe der SVP nicht um Freiheit und schon gar nicht um Frauenrechte, sondern um Hetze auf dem Buckel der Muslime. Dass die Mitte hier mitmache, sei ein Armutszeugnis. Bedenken hat auch Parteikollegin Yvonne Feri: «Auch ich finde es schlimm, wenn sich Frauen hinter einem ‹Leintuch› verstecken müssen.» Doch es gebe in der Schweiz kaum Burkaträgerinnen, die hier wohnhaft seien. «Zudem zweifeln wir daran, dass das Verbot die Stellung der Frau tatsächlich verbessert.»
Es sei zu befürchten, dass Frauen, die zur Verhüllung gezwungen würden, dann gar nicht mehr auf die Strasse dürften. Eine Verfassungsbestimmung lehnt Feri darum ab, mit einem Gesetz könnte sie sich allenfalls anfreunden.
Terrorhetze als Vorwand
Neben religiösen Gründen sprächen Sicherheitsargumente für ein Verhüllungsverbot, sagt SVP-Nationalrat Wobmann: «Bei einer verhüllten Person ist nicht ersichtlich, ob sie unbewaffnet oder bewaffnet ist.» Als unglaubwürdig bezeichnet er den Widerstand der Linken, die sich sonst immer für Frauenrechte starkmachten: «Etwas Menschenverachtenderes, als eine Frau zu verhüllen, gibt es nicht.» BDP-Nationalrat Hans Grunder sagt: «Die jüngsten Terroranschläge in Europa und die positiven Erfahrungen des Tessins mit dem Burkaverbot haben bei der Mitte zu einem Stimmungsumschwung geführt.» Das Gesicht zu zeigen, gehöre zu den Gepflogenheiten in der Schweiz.
Er staune, wie man auf linker Seite wegschaue und nicht den Mut habe, sich auf eine Debatte einzulassen, die ohnehin geführt werden müsse. Viele Mitte-Politiker, darunter CVP-Nationalrat Martin Candinas, wollen der Volksinitiative zuvorkommen und ein Burkaverbot selbst an die Hand nehmen. Dieses könnte das Parlament ausarbeiten, wenn der Ständerat zustimmt. «So können wir verhindern, dass Kleidervorschriften in der Verfassung stehen. Denn dort haben sie nichts verloren.» Das Egerkinger Komitee wäre mit einer Lösung auf Gesetzesstufe einverstanden, wenn diese alle Anliegen des Initiativtexts erfüllt. Inzwischen sammelt es aber weiter eifrig Unterschriften.
Tijana Nikolic