Neu in die Schweiz eingereiste Ausländer sollen im ersten Jahr rasch möglichst einen Sprachkurs in der Amtssprache ihres jeweiligen Wohnortes besuchen. Den Kurs absolvieren sollen auf freiwilliger Basis Asylsuchende, Familiennachzügler oder Expats. Das fordert die Nationalrätin Sibel Arslan von den Grünen
In der Schweiz gilt als integriert, wer die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachtet, die Werte der Bundesverfassung respektiert, am Wirtschaftsleben teilnehmen will und eine Landessprache beherrscht. Das ist im Ausländer- und Integrationsgesetz so verankert. Nur wer integriert ist, erhält eine Niederlassungsbewilligung. «Oft aber scheitert die Integration an den gewünschten Sprachkenntnissen», sagt die Grünen-Nationalrätin Sibel Arslan. Deshalb fordert sie: Neu in die Schweiz eingereiste Ausländer sollen im ersten Jahr rasch möglichst einen Sprachkurs in der Amtssprache ihres jeweiligen Wohnorts in der Schweiz besuchen. Den Kurs absolvieren sollen auf freiwilliger Basis alle Ausländer wie Asylsuchende, Familiennachzügler oder Expats. «Durch den Sprachkurs können Ausländer von Anfang an aktiv am gesellschaftlichen Leben in der Schweiz teilnehmen», sagt Arslan.
1200 Franken pro Sprachschüler
Gratis-Deutschkurse für Ausländer gibt es seit acht Monaten bereits im Kanton Basel-Stadt. Dort können Migranten während ihres ersten Aufenthaltsjahres in der Schweiz einen kostenlosen Sprachkurs besuchen. 743 Personen haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht, berichtet die Basler Zeitung. Das sind 35 Prozent der im vergangenen Jahr abgegebenen Gutscheine. Allerdings würden die Personen erst in die Statistik aufgenommen, wenn die Sprachschulen beim Staat abrechnen.
Im Kanton Basel-Stadt erhalten Sprachschulen für die 80 Lektionen des Gratiskurses ein fixes Entgelt von 1200 Franken pro Kursteilnehmer, berichtet die BaslerZeitung. Den Kurs absolvieren dürfen nur Migranten, die die Aufenthaltsbewilligung B erhalten haben. Seit April werden auch Personen berücksichtigt, die als anerkannte Flüchtlinge eingestuft werden. Der Regierungsrat geht davon aus, dass sich die jährliche Abgabe von Gutscheinen bei 2200 bis 2500 einpendelt. Den Neuzuziehenden wird bei der Anmeldung der Gutschein abgegeben.
In einer Umfrage gaben 90 Prozent der knapp 200 antwortenden Teilnehmer an, dass sie viel bis sehr viel vom Kurs profitiert hätten. Zwei Drittel der Antwortenden besuchen nach dessen Ende weiterführende Kurse. Dabei werde auch der Wunsch nach zusätzlichen Gratislektionen geäussert.
Es wird sich doppelt auszahlen
Schnellere Integration dank Gratis-Sprachkursen erhofft sich auch Miriam Behrens, Direktorin der Schweizerischen Flüchtlingshilfe: «Asylsuchende sollten ab dem ersten Tag in der Schweiz gratis Deutsch lernen können und nicht erst Jahre später, wenn sie eine Aufenthaltsbewilligung erhalten haben», sagt Behrens. Menschen, die hierzulande ein Asylgesuch einreichten, wollten auch hierbleiben. Die Sprache sei für die Integration wichtig: «Sprachkenntnisse sind eine zentrale Voraussetzung für einen Job, für einen Arztbesuch oder den Austausch mit der Bevölkerung.» Deshalb müsse der Kurs auch obligatorisch sein. Behrens ist überzeugt, dass sich die Investition auszahlt: «Die Aufnahmequote bei Asylsuchenden beträgt 75 Prozent.» 2015 gab es 37’500 Asylgesuche. Die Kosten für Gratis-Sprachkurse würden den finanziellen Rahmen des Bundes und der Kantone kaum sprengen, denn: «Es gibt so viele Menschen aus der Zivilgesellschaft, die sich ehrenamtlich engagieren wollen.» Die Kantone sollten die Bevölkerung besser einbeziehen. Das zahlt sich doppelt aus.
SVP sieht den Sinn nicht
Auch SVP-Nationalrätin Andrea Geissbühler ist der Meinung, dass die Landessprache wichtig ist für die Integration. Aber: «In den Genuss von Gratis-Sprachkursen kommen sollen nur Migranten, die definitiv in der Schweiz bleiben dürfen und sich einen solchen Kurs selber nicht leisten können.» Ausländern ohne Aufenthaltsbewilligung oder gut verdienenden Expats einen Kurs zu bezahlen, ergebe keinen Sinn. «So kämen tausende Ausländer in den Genuss von Gratis-Sprachkursen, bei denen es nichts bringt, weil sie sich gar nicht integrieren wollen oder sie nicht in der Schweiz bleiben dürfen. Es würden unnötigerweise Bundesgelder aus dem Fenster herausgeworfen», sagt Geissbühler.
Tijana Nikolic