Der Streit um die neue Fahrausbildung eskaliert: Der Schweizerische Fahrlehrerverband (SFV) wirft dem Bund vor, mit seinen geplanten Änderungen bei Lernfahrern Tote in Kauf zu nehmen
Der Hintergrund: Das Bundesamt für Strassen (Astra) will die Fahrausbildung umkrempeln und etwa den Lernfahrausweis ab 17 abgeben, zwei Pflichtlektionen beim Fahrlehrer einführen oder die zusätzlichen Verkehrsausbildung straffen. Für SFV-Geschäftsführer Daniel Menzi geht das in die völlig falsche Richtung. Am Donnerstag gingen die Fahrlehrer darum in die Offensive: An einer Medienkonferenz stellten sie ihrerseits Reformvorschläge auf. Den Lernfahrausweis ab 17 lehnt der SFV ab. Er könne zu mehr Unfällen führen.
Dauer der Fahrprüfung soll verdoppelt werden
Nach dem Willen des SFV soll jeder Fahrschüler künftig mindestens 16 Pflichtlektionen beim Fahrlehrer absolvieren. Zudem soll die Prüfungsdauer der Fahrprüfung verdoppelt werden. Auch müsse der zweite Kurstag (ökologisches Fahren) der Neulenker-Ausbildung unbedingt beibehalten werden. Die Statistiken zeigten, dass die Zahl der verletzten Junglenker gesunken sei. «Wir haben eines der besten Systeme, bei denen Fahrlehrer und Private Hand in Hand wirken», sagt Menzi.
Fahrlehrern wird reines kommerzielles Interesse vorgeworfen
Die Forderungen der Fahrlehrer-Lobby erzürnen SVP-Nationalrat und Transportunternehmer Ulrich Giezendanner. Für ihn ist klar: «Die Forderungen der Fahrlehrer sind auf reinem Eigeninteresse begründet. Da ist einzig der kommerzielle Gedanke dahinter.» Darum seien sie auch für die Einführung der mindestens 16 Pflichtlektionen und eine zeitliche Verlängerung der Fahrprüfung von 45 auf 90 Minuten. Auch FDP-Nationalrat und TCS-Vize Thierry Burkart spricht sich vehement gegen die Einführung von mindestens 16 Pflichtlektionen beim Fahrlehrer aus. «Das kommt für den TCS nicht infrage.» Auch persönlich halte er nichts von den Forderungen: «Man sollte den Junglenkern nicht mehr Geld aus der Tasche ziehen als nötig», sagt Burkart. SP-Nationalrat Thomas Hardegger würde dagegen eine höhere Anzahl von Stunden beim Fahrlehrer begrüssen: «Die vom Astra verlangten zwei Pflichtstunden sind zu wenig. Es gibt technische und inhaltliche Gründe, wieso mehr Pflichtstunden Sinn ergeben würden.»
Keine Lernausweise schon ab 17
Der Schweizerische Fahrlehrerverband lehnt den Lernfahrausweis ab 17 ab. Inskünftig würden so jährlich bis zu 40’000 unerfahrene 17-Jährige auf die ohnehin schon verstopften Strassen rausgelassen – dies könnte mehr Unfälle provozieren. Auch SP-Mann Hardegger ist grundsätzlich dagegen, schon 17-jährigen den Lernfahrausweis zuzustellen. Für ihn spiele dabei vor allem der Sicherheitsgedanke eine grosse Rolle. «Entscheidend ist, das Risiko für die anderen Verkehrsteilnehmer zu minimieren.» Nicolas Kessler, Mediensprecher der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu), befürwortet den Lernfahrausweis ab 17 mit Vorbehalten. Die einjährige Dauer der Lernfahrzeit würden dazu führen, dass vor der Fahrprüfung mehr begleitet geübt werde. Eine Häufung der Unfälle sei nicht zu erwarten. Allerdings bleibe ein Restrisiko vorhanden.
T.N.