Junglenker verunfallen oft in der Nacht und am Wochenende. Deshalb empfehlen Verkehrsexperten nun ein Nachtfahrverbot für unter 25-Jährige
Fährt eine Gruppe junger Menschen nach dem Ausgang nach Hause, ist das Unfallrisiko laut Marc Kipfer von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU) massiv grösser – etwa, weil die Mitfahrer den Lenker zu riskanten Überholmanövern animieren. So summierten sich die Risiken: «Der wenig routinierte Fahrer ist müde, es ist dunkel und er nimmt einen Schleichweg, da er vielleicht doch ein Bier getrunken hat und eine Polizeikontrolle vermeiden will.»
Radikale Massnahmen
Im jüngsten Bericht zur Verkehrssicherheit junger Erwachsener schlägt die BfU eine Reihe radikaler Massnahmen vor, die sie für prüfenswert hält. Demnach soll Fahrern unter 25 Jahren, die sich in der Probephase befinden, das Fahren in der Nacht oder mit jungen Passagieren verboten werden. «Unfälle mit jungen Erwachsenen als PW-Insassen ereignen sich häufig nachts, insbesondere an Wochenendnächten», erklärt Kipfer.
Kombination der Verbote möglich
Zudem hätten Junglenker ein erhöhtes Unfallrisiko, wenn sie mit Gleichaltrigen unterwegs seien. Auch eine Kombination beider Verbote sei möglich, etwa das Mitführen junger Passagiere an Wochenendnächten. Ausnahmen wären Fahrten mit einer mindestens 25-jährigen Person an Bord. Laut der BfU ist der Anteil junger Erwachsener innerhalb der Personengruppe der verunfallten Personenwagen-Insassen besonders hoch. So verunfallten 2018 hierzulande 1679 Autoinsassen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren. 1182 von ihnen sassen am Steuer.
«Das Auto ist eine Waffe»
Unterstützung bekommt die BfU vom Fahrlehrerverband: «Diese Massnahme ist per se sicher zielführend. Gerade junge Männer schaukeln sich im Auto gegenseitig auf und neigen dann zu gefährlichem Fahrverhalten», erklärt Geschäftsführer Daniel Menzi. Eine langfristige Lösung sieht er im Verbot aber nicht: «Es wäre nur ein kleines Pflästerchen, das kurzfristig Abhilfe schafft.» Stattdessen plädiert er für eine bessere und längere Ausbildungszeit. «Das Auto ist schliesslich eine Waffe», so Menzi. Kipfer geht davon aus, dass sich solche Einschränkungen für junge Neulenkende positiv auf deren Sicherheit im Strassenverkehr auswirken würde. Er verweist auf die EU: Auch diese empfehle entsprechende Einschränkungen für junge Fahrer zu bestimmten Uhrzeiten.
«Fahrpraxis spielt entscheidende Rolle»
In einigen Bundesstaaten der USA gelten für Junglenker schon längst Einschränkungen. «Am Beginn der Autofahrerkarriere wird mit den drei Verboten gearbeitet: Kein Alkohol, keine Nachtfahrten und keine Passagiere», erklärt Uwe Ewert, Vorstandsmitglied der Vereinigung für Verkehrspsychologie. Mit zunehmender Fahrerfahrung würden diese Restriktionen dann gelockert. Grund dafür ist laut Ewert, dass die Fahrpraxis neben dem Alter die entscheidende Rolle bei der Verkehrssicherheit spiele.
«Was passiert mit Schichtarbeitern?»
SP-Nationalrat Thomas Hardegger ist skeptisch: «Ein generelles Fahrverbot in der Nacht für Junglenker in der Probezeit würde auch die vielen bestrafen, die verantwortungsvoll handeln. Man muss hier die Verhältnismässigkeit sehen», so der Politiker. Michael Töngi, Nationalrat der Grünen, sieht zwar eine Legitimation für die Massnahme, weil sie die Unfallzahlen senken würde. Er unterstützt sie aber nicht: «Ein Nachtfahrverbot für Junge ist schwierig zu kontrollieren und bietet grosse Umsetzungsschwierigkeiten – was passiert zum Beispiel mit Schichtarbeitern?», fragt er sich. Viel wichtiger seien Alkohol- und Geschwindigkeitskontrollen: «In beiden Bereichen können nur genügend Kontrollen die Einhaltung der Regeln garantieren und damit die Unfallzahlen senken.»
Tijana Nikolic