Der Bundesrat hat vom Schlussbericht von Altbundesrichter Michel Féraud zu den von 2006 bis 2008 auf den Schweizer Botschaften in Syrien und Ägypten eingereichten und nicht behandelten Asylgesuchen Kenntnis genommen. Der Bericht kommt zum Schluss, dass das Bundesamt für Migration mit dem Entscheid vom 20. November 2006, diese Gesuche nicht zu behandeln, Verfahrensvorschriften der Asylgesetzgebung und Verfahrensgarantien der Bundesverfassung verletzt hat. In seinem Schlussbericht vom 22. Dezember 2011 kommt alt Bundesrichter Michel Féraud zum Ergebnis, dass es sich bei den damaligen Eingaben um rechtmässige Asylgesuche gehandelt hat. Mit der Sonderregelung vom 20. November 2006, diese Asylgesuche nicht zu behandeln, verletzte das BFM somit Verfahrensvorschriften der Asylgesetzgebung und Verfahrensgarantien der Bundes-verfassung. Die Sonderregelung fällt ausschliesslich in den Verantwortungsbereich des BFM. Das Amt durfte davon ausgehen, dass die irakischen Staatsangehörigen in beiden Ländern effektiven Schutz finden würden und nicht Gefahr liefen, in ihren Herkunftsstaat zurückgeschoben zu werden. Der Bericht hält auch fest, dass die Informationspflicht gegenüber der damaligen Departementsvorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf verletzt wurde, da sie über die bestehende Sonderregelung vom 20. November 2006 nicht informiert wurde. Eine aktive Information von Bundesrätin Simonetta Sommaruga wäre angezeigt gewesen. In den Jahren 2006 bis 2008 sind auf den Schweizerischen Botschaften in Syrien und Ägypten ungefähr 7‘000 bis 10‘000 Asylgesuche von irakischen Staatsangehörigen eingegangen. Diese Gesuche wurden während mehrerer Jahre nicht behandelt. Nachdem die jetzige Vorsteherin des Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartements Kenntnis davon erhalten hatte, beauftragte sie Ende August 2011 alt Bundesrichter Michel Féraud mit einer externen Untersuchung. Geklärt werden sollte, ob geltendes Recht oder Informationspflichten verletzt worden sind und wie nun korrekt mit den noch nicht behandelten Asylgesuchen umgegangen werden soll. Gemäss dem Bericht stellt sich jedoch die Frage einer disziplinarischen Verantwortlichkeit insbesondere wegen des Zeitablaufs nicht mehr. Es seien auch keine fehlbaren Handlungen ersichtlich, die strafrechtlich relevant sein könnten, da keiner der involvierten Beamten dem Verdacht eines Amtsdelikts ausgesetzt werden kann. Der Bericht kommt zudem zum Schluss, dass die Vorkommnisse hauptsächlich in der starren gesetzlichen Regelung liegen, wonach jede schweizerische Vertretung im Ausland Asylgesuche entgegennehmen und behandeln muss. Der Bericht erachtet die in der Botschaft zur Änderung des Asylgesetzes vom 26. Mai 2010 beantragte Aufhebung dieser Bestimmungen als sinnvolle Massnahme. Das BFM wird die rund 3’000 noch offenen Gesuche bis spätestens Ende 2013 behandeln.
Tijana Nikolic