Jedes vierte Gewaltopfer mussten Schweizer Frauenhäuser wegen Platz- und Geldmangels 2017 abweisen. Dies zeigen unveröffentlichte Zahlen der Dachorganisation der Schweizer Frauenhäuser (DAO), die dem «SonntagsBlick» vorliegen
Über tausend Hilfe suchende Frauen und Kinder standen 2017 vor verschlossenen Türen. Die Einrichtungen seien chronisch unterfinanziert, sagen die Verantwortlichen. 612 Hilfe suchende Frauen und ebenso viele Kinder fanden demnach bei der von ihnen angefragten Institution keinen Platz.
«Ein unhaltbarer Zustand»
Ein Teil der Frauen konnte an ausserkantonale Frauenhäuser weitervermittelt werden – viele aber mussten in einer Pension unterkommen oder in privatem Rahmen eine Lösung finden. Für die Präsidentin der Dachorganisation der Schweizer Frauenhäuser ein unhaltbarer Zustand.
«Die Frauenhäuser sind chronisch unterfinanziert», sagt sie. Viele seien noch immer auf Spendengelder angewiesen. Es brauche dringend mehr Plätze und mehr Personal.
Es besteht viel Handlungsbedarf
Auch beim Bund sieht man Handlungsbedarf. Sabine Baumgartner vom Eidgenössischen Büro für die Gleichstellung von Frau und Mann räumte ein, dass tendenziell zu knappe Ressourcen zur Verfügung stünden.
Die Leistungen der Kantone für den Betrieb der Frauenhäuser müssten gesichert und harmonisiert werden.Diese wiederum wiegeln ab. Laut Martin Klöti (FDP/SG), Präsident der Sozialhilfe-direktorenkonferenz, stehen «grundsätzlich» genügend Schutzplätze zur Verfügung. Zu knappe Ressourcen ortet er bei ergänzenden Hilfsangeboten.
Schweiz hinkt massiv hinterher
Seit dem 1. April beteiligt sich die Schweiz an einem verbindlichen Übereinkommen des Europarates, der sogenannten Istanbul-Konvention. Diese verpflichtet Bund und Kantone, genügend Schutzplätze für Opfer von häuslicher Gewalt anzubieten. Um die Vorgaben der Konvention einhalten zu können, will der Bund laut «SonntagsBlick» zusammen mit den Kantonen bis im Herbst ein Konzept erarbeiten. Bislang hinkt die Schweiz den Vorgaben massiv hinterher. (scl)
T.N.