Die Schweiz reagiert abwartend auf die Einführung von Nacktscannern auf internationalen Flughäfen. Für das Bundesamt für Zivilluftfahrt ist eine einheitliche EU-Lösung denkbar. Bundesrat Maurer warnt vor einer Überreaktion.
“Man muss nicht jede Person splitternackt anschauen”, sagte Verteidigungsminister Ueli Maurer in einem Fernsehinterview. Man müsse aufpassen, dass man nicht überreagiere, so Maurer. Für den Kampf gegen den internationalen Terrorismus forderte er stattdessen eine Verbesserung des Vorwarnsystems, eine stärkere Zusammenarbeit der Nachrichtendienste und einen besseren internationalen Informationsaustausch. Damit widersprach Bundesrat Ueli Maurer dem Bundesamt für Zivilluftfahrt (BAZL), das den Einsatz von Körperscannern als “wirkungsvolles Werkzeug“ und als “komplementäres Werkzeug zu den bestehenden Sicherheitsmassnahmen“ bezeichnet. Zurzeit ist laut dem BAZL auf keinem der der internationalen Schweizer Flughäfen der Einsatz von Nacktscannern geplant. Falls Nacktscanner im Rahmen verschärfter Sicherheitsmassnahmen europaweit installiert werden, will das BAZL die Geräte auch auf Schweizer Flughäfen einführen.
Weitere Unannehmlichkeit
Auch der emeritierte Professor für Sicherheitspolitik, Kurt Spillman, rechnet damit, dass Nacktscanner in der Schweiz innert der kommenden zwei bis fünf Jahre eingeführt werden. “Die Schweiz wird die Normen der EU übernehmen. Ich denke, dass für Flüge in die USA das Bodyscanning kommen wird als zusätzliche Sicherheits-Massnahme zur Verhinderung von Anschlägen“, sagte Spillmann in einem Interview mit der “Neuen Luzerner Zeitung“. Die Passagiere würden sich mit der Zeit an die damit komplizierter und zeitintensiver werdende Eincheck-Prozedur gewöhnen, so Spielmann: “Wer diese Prozedur nicht über sich ergehen lassen will, der bleibt einfach zu Hause. Trotz vieler Unannehmlichkeiten wie das Schuhe ausziehen oder das Verbot, Flüssigkeiten im Handgepäck mitzunehmen, reisen die Leute weiterhin ungebremst durch die Welt. Die Menschen akzeptieren diese Sicherheits-Massnahmen.“
Reaktion auf Detroit
Als erstes europäisches Land haben die Niederlande als Reaktion auf das vereitelte Attentat auf ein US-Passagierflugzeug die rasche Einführung von Nacktscannern beschlossen. Am 25. Dezember hatte ein 23-jähriger Nigerianer eine in Amsterdam gestartete Maschine der Delta/Northwest beim Landeanflug auf Detroit in die Luft sprengen wollen. Beim Versuch, einen Sprengsatz zu zünden, wurde er von Mitreisenden und Besatzungsmitgliedern überwältigt. Der Grossflughafen Amsterdam-Schiphol verfügt laut der niederländischen Innenministerin Guusje ter Horst bereits über 15 Nacktscanner. Diese sollten binnen drei Wochen einsatzbereit gemacht und dann routinemässig zur Kontrolle von USA-Reisenden genutzt werden.
Nigeria, England und Italien vor Einführung
Die Massnahme werde “die Sicherheit der Passagiere deutlich verbessern”. Schliesslich könnten mit den Scannern auch nicht-metallische gefährliche Gegenstände entdeckt werden, so ter Horst. Alle auf Schiphol eingesetzten Scanner würden so eingerichtet sein, dass die “Nacktbilder” in aller Regel allein von Computern analysiert würden, sagte die Ministerin und trat damit dem Vorwurf entgegen, die Körperscanner würden Persönlichkeitsrechte und die Intimsphäre von Reisenden beeinträchtigen. Auch Nigeria, Grossbritannien und Italien wollen die grossen Flughäfen mit Nacktscannern ausstatten.
Deutschland: Meinungsumschwung
In der EU war der Einsatz von Nacktscannern bisher umstritten. So hat die EU-Kommission ihren Vorschlag vom Oktober 2008, die Scanner zur Passagierkontrolle in allen Mitgliedstaaten einzuführen, wegen massiver Ablehnung im Europaparlament wieder zurückgezogen. Die Scanner sind vor allem deshalb umstritten, weil sie nicht nur Körperformen, sondern auch Genitalien, Implantate oder Prothesen darstellen können. Moderne Scanner arbeiten aber mit einer Software zur Bildverarbeitung, die den Kontrolleuren nur die verdächtigen Gegenstände zeigt und den Rest des Körpers verpixelt. Der vereitelte Anschlag von Detroit und die neuen Technologien scheinen in Deutschland, das den Scannern bisher skeptisch gegenüber stand, zu einem Meinungsumschwung zu führen. ”Wir sind zuversichtlich, dass wir im Sommer Forschungsergebnisse für eine ganz neue Generation von Körperscannern vorstellen können”, sagte Forschungsministerin Annette Schavan (CDU) der Zeitung “Bild am Sonntag”.
Problem Duty-Free-Shops
CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach gab sich optimistisch, dass in einem halben Jahr die Tests mit der neuen Scanner-Generation beginnen werden. Er gehe davon aus, dass dank den neuen Geräten “die Persönlichkeitsrechte der Passagiere gewahrt“ blieben. Bundesinnenminister Thomas de Maizière will Ende Januar mit den Experten des Bundestages über Massnahmen für mehr Sicherheit beraten. Neben den Körperscannern werde es auch um die Frage der Duty-Free-Shops gehen. ”Es kann nicht sein, dass Passagiere vor der Sicherheitsschleuse grosse Shampoo-Flaschen abgeben müssen, aber dahinter in Duty-Free-Shops potenziell explosive Stoffe (Kosmetika) kaufen können“, so Bosbach.