Zum Überleben braucht der Mensch nicht viel. Wie das geht, lehren Survival-Experten. In der Schweiz gibt es dafür mittlerweile viele Angebote
Gion Saluz De Salugo ist hauptberuflicher Survival-Trainer bei swiss-survival-training.com. Er ist viel gereist und hat dabei von Einheimischen Überlebenstricks gelernt. Seit fünf Jahren vermittelt er sein Wissen in Survivalkursen. «Dieses Jahr habe ich mehr Anfragen», so der 40-Jährige. Die Leute wollten weg vom gestressten Alltag und zurück zur Natur. «Sie kommen mit einem grossen Interesse», sagt De Salugo.
Steigerung um 15%
Auch andere Anbieter bemerken eine erhöhte Nachfrage: «Wir spüren eine deutliche Zunahme der Nachfrage nach Survivalkursen», erklärt Tim Dias, der Survival-Training.ch vor 15 Jahren gegründet hat. Er schätzt die Steigerung auf rund 15 Prozent zum Vorjahr. Die Gründe dafür seien unterschiedlich. So wollten sich einige auf Reisen oder unvorhersehbare Zwischenfälle vorbereiten. Andere suchten nach ihren Wurzeln: «Zurück zu den Anfängen. Handy aus. Und einfach sein. Ohne Schnickschnack mit wenig Material zu überleben lernen», so Dias.
Nachfrage von unterschiedlichsten Kunden
Auch Markus Lusser, Gründer der «How to Survive Outdoor School», hat unterschiedlichste Kunden: «In einem Krisen-Survivalkurs finden sich in der Regel andere Personen wieder als in einem Outdoor-Security-Kurs oder an einer Pilzwanderung.» Auch Lusser ist aufgefallen, dass in den vergangenen zwei Jahren zahlreiche neue Survival-Schulen gegründet worden sind. Die Nachfrage ist entsprechend gestiegen. «Wir haben Väter, die mit ihren Söhnen einen spannenden Tag im Wald verbringen möchten, Globetrotter, die sich auf das nächste grosse Abenteuer vorbereiten möchten, oder einfach auch Personen aus allen Alterskategorien, die in der Vergangenheit viel über die Thematik gesehen oder gehört haben und nun selbst einmal Hand anlegen wollen», sagt Lusser.
Überleben während eines Terroranschlags
Doch solche Kurse werden nicht nur für das Überleben in der Natur angeboten. Survival-Experte Dias: «Wir haben seit einigen Jahren einen starken Anstieg von ‹Urban Survival›-Anfragen erhalten. Das ist das Überleben in zivilisiertem Gebiet (z.B. Stadt) nach einer Katastrophe.» Den grössten Anteil mache dabei das Überleben während eines Terroranschlags aus. Doch auch auf Naturkatastrophen, körperliche Angriffe oder Bürgerkriege in Urlaubsgebieten wollten sich die Menschen vorbereiten. Dias und sein Team bieten deshalb ab Herbst Kurse an, wie man sich bei Terroranschlägen richtig verhalten soll, aus einem brennenden Gebäude flüchtet oder gefährliche Konflikte löst.
Keine Weltuntergangsszenarien
Auch Gion Saluz De Salugo bietet Krisen-Survivalkurse an. Die Leute sollen dabei lernen, wie sie bei einer Pandemie, Naturkatastrophen, Atomunfällen, längerem Stromausfall, einem Wirtschaftszusammenbruch oder einem Bürgerkrieg mit ausgewählten Hilfsmitteln überleben. Dabei gehe es nicht um Weltuntergangsszenarien, sondern um denkbar realistische Vorfälle.
«95 Prozent findet im Kopf statt»
In den Grundkursen lernen die Teilnehmer, ohne Feuerzeug ein Feuer zu entfachen, welche Pflanzen essbar sind, wie man Wasser richtig aufbereitet, ohne Kompass navigiert oder eine Unterkunft baut. Doch all diese Techniken machten nur einen kleinen Teil der Voraussetzungen aus. Überlebens-Trainer Tim Dias: «95 Prozent des Überlebens finden im eigenen Kopf statt. Nur 5 Prozent sind Techniken, die man erlernen kann.»
Überlebenskurse bei Naturkatastrophen machen am meisten Sinn
«Mit dem Terror wollen momentan viele ein Geschäft machen», sagt Walter Müller, Präsident des Schweizer Zivilschutzverbands. Gerade Anschläge passierten «immer überraschend und anders als erwartet». Die beste Überlebensstrategie sei deshalb, Massenveranstaltungen wenn möglich zu meiden oder zumindest einen Fluchtweg erkunden. «Wenn jemand das Gefühl hat, ein solcher Kurs beruhigt ihn und gibt ihm Sicherheit, dann kann man das machen. Als Schutz bei Terroranschlägen ist er jedoch eher weniger geeignet.» Sinnvoller sind für Müller hingegen Überlebenskurse für Naturkatastrophen. «Da kann man etwa lernen, wie man mit gewissen Gefahren umgeht. Ich staune immer wieder, dass es Leute gibt, die bei extremem Wetter auf Touren gehen», sagt Müller. «Es gibt Menschen, die sorglos sind und denken, es passiere nichts. Und dann passiert doch etwas.» Dank den Kursen könnten die Leute lernen, Naturereignisse richtig einzuschätzen. Sie dienen also als Prävention
Tijana Nikolic